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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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Object, das Adjectivum nach das Substantivum setzen, den Genitiv durch pgo_202.002
Einschiebung von unbedeutenden Wörtern von seinem Subject trennen pgo_202.003
u. s. f. Eine zweite Licenz, deren Mißbrauch allerdings verderblich werden pgo_202.004
kann, ist die Elision, die Ausstoßung von Vokalen. Jn der Regel pgo_202.005
findet sie statt, um den Hiatus, das Zusammentreffen zweier Vokale, pgo_202.006
zu vermeiden; seltener darf sie vor Konsonanten eintreten. Sie ist erlaubt

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1) Bei dem e des Genitivs und Dativs, wo sich auch die Prosa pgo_202.008
ihrer bedient, z. B. des Freunds, dem Freund statt des Freundes, dem pgo_202.009
Freunde.

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2) Bei dem e im Präsens und Jmperativ, mag nun ein Vokal oder pgo_202.011
Konsonant folgen; ich seh' ihn, ich seh' die Stadt.

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3) Bei dem e des Jmperfektums, wenn ein Vokal folgt: stellt' ich, pgo_202.013
nur nicht wenn es dann für das Ohr mit dem Präsens zusammenfällt; pgo_202.014
wie: stellt' er.

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4) Bei dem e und i in der Mitte der Adjektive und Participien pgo_202.016
z. B. errung'ner Sieg, ros'ge Wange.

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Dagegen ist die Elision störend

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1) Bei dem e des Jmperfektums, wenn ein Konsonant darauf folgt pgo_202.019
z. B. jagt' jener, macht' seine Rechnung er.

pgo_202.020
2) Bei dem e des Nominativ im Singular z. B. die Erd' ist rund, eher pgo_202.021
schon erlaubt im Plural: die Stern' am Horizont. Oeftere Elisionen dieser pgo_202.022
Art geben dem Style große Härte und lassen die einzelnen Wortstämme pgo_202.023
gleichsam kahl und ihrer schützenden Aeste beraubt dastehen. Ebenso pgo_202.024
unmöglich ist eine Elision wie "süß' Empfindungen" obwohl der pgo_202.025
Hiatus hier ebenso unerträglich ist. Was diesen selbst betrifft: so läßt er pgo_202.026
sich in der deutschen Sprache nicht immer vermeiden, und seine Härte ist pgo_202.027
oft geringer, als die einer gewaltsamen Elision. Am härtesten ist der pgo_202.028
Zusammenstoß zweier e: z. B. seine-Ehe, liebte-er, dann der des pgo_202.029
e und i: z. B. liebe-ich, hoffe-ich und zweier u und o: z. B. pgo_202.030
du-Unsel'ge. Doch ist selbst Platen hiervon nicht ganz frei, z. B.:

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und so-oft in erneuendem Umschwung pgo_202.032
Jn verjüngter Gestalt aufstrebte die Welt.
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Romantischer Oedipus.

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Bei solchen Wendungen und Partikeln, wie: die er, die ihr, wie pgo_202.035
ich, so oft
ist er in der That, da sie sich nicht umgehen lassen, im Deutschen

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Object, das Adjectivum nach das Substantivum setzen, den Genitiv durch pgo_202.002
Einschiebung von unbedeutenden Wörtern von seinem Subject trennen pgo_202.003
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zu vermeiden; seltener darf sie vor Konsonanten eintreten. Sie ist erlaubt

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1) Bei dem e des Genitivs und Dativs, wo sich auch die Prosa pgo_202.008
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z. B. errung'ner Sieg, ros'ge Wange.

pgo_202.017
Dagegen ist die Elision störend

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z. B. jagt' jener, macht' seine Rechnung er.

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2) Bei dem e des Nominativ im Singular z. B. die Erd' ist rund, eher pgo_202.021
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und so⁀oft in erneuendem Umschwung pgo_202.032
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Romantischer Oedipus.

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Bei solchen Wendungen und Partikeln, wie: die er, die ihr, wie pgo_202.035
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[202/0224] pgo_202.001 Object, das Adjectivum nach das Substantivum setzen, den Genitiv durch pgo_202.002 Einschiebung von unbedeutenden Wörtern von seinem Subject trennen pgo_202.003 u. s. f. Eine zweite Licenz, deren Mißbrauch allerdings verderblich werden pgo_202.004 kann, ist die Elision, die Ausstoßung von Vokalen. Jn der Regel pgo_202.005 findet sie statt, um den Hiatus, das Zusammentreffen zweier Vokale, pgo_202.006 zu vermeiden; seltener darf sie vor Konsonanten eintreten. Sie ist erlaubt pgo_202.007 1) Bei dem e des Genitivs und Dativs, wo sich auch die Prosa pgo_202.008 ihrer bedient, z. B. des Freunds, dem Freund statt des Freundes, dem pgo_202.009 Freunde. pgo_202.010 2) Bei dem e im Präsens und Jmperativ, mag nun ein Vokal oder pgo_202.011 Konsonant folgen; ich seh' ihn, ich seh' die Stadt. pgo_202.012 3) Bei dem e des Jmperfektums, wenn ein Vokal folgt: stellt' ich, pgo_202.013 nur nicht wenn es dann für das Ohr mit dem Präsens zusammenfällt; pgo_202.014 wie: stellt' er. pgo_202.015 4) Bei dem e und i in der Mitte der Adjektive und Participien pgo_202.016 z. B. errung'ner Sieg, ros'ge Wange. pgo_202.017 Dagegen ist die Elision störend pgo_202.018 1) Bei dem e des Jmperfektums, wenn ein Konsonant darauf folgt pgo_202.019 z. B. jagt' jener, macht' seine Rechnung er. pgo_202.020 2) Bei dem e des Nominativ im Singular z. B. die Erd' ist rund, eher pgo_202.021 schon erlaubt im Plural: die Stern' am Horizont. Oeftere Elisionen dieser pgo_202.022 Art geben dem Style große Härte und lassen die einzelnen Wortstämme pgo_202.023 gleichsam kahl und ihrer schützenden Aeste beraubt dastehen. Ebenso pgo_202.024 unmöglich ist eine Elision wie „süß' Empfindungen“ obwohl der pgo_202.025 Hiatus hier ebenso unerträglich ist. Was diesen selbst betrifft: so läßt er pgo_202.026 sich in der deutschen Sprache nicht immer vermeiden, und seine Härte ist pgo_202.027 oft geringer, als die einer gewaltsamen Elision. Am härtesten ist der pgo_202.028 Zusammenstoß zweier e: z. B. seine⁀Ehe, liebte⁀er, dann der des pgo_202.029 e und i: z. B. liebe⁀ich, hoffe⁀ich und zweier u und o: z. B. pgo_202.030 du⁀Unsel'ge. Doch ist selbst Platen hiervon nicht ganz frei, z. B.: pgo_202.031 und so⁀oft in erneuendem Umschwung pgo_202.032 Jn verjüngter Gestalt aufstrebte die Welt. pgo_202.033 Romantischer Oedipus. pgo_202.034 Bei solchen Wendungen und Partikeln, wie: die er, die ihr, wie pgo_202.035 ich, so oft ist er in der That, da sie sich nicht umgehen lassen, im Deutschen

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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/224>, abgerufen am 25.11.2024.