pgo_183.006 Hierher gehört auch die Litotes, die ironische Verkleinerung. So pgo_183.007 sagt Mercutio:
pgo_183.008
Romeo!pgo_183.009 Was? Grillen! Toller! Leidenschaft! Verliebter!pgo_183.010 Erscheine du, gestaltet wie ein Seufzer,pgo_183.011 Sprich nur ein Reimchen, so genügt mir's schon,pgo_183.012 Ein Ach nur jamm're, paare Lieb' und Triebe u. s. f.
pgo_183.013
Shakespeare, Romeo und Julie.
pgo_183.014 Was die Romantiker aus dieser einfachen Figur gemacht, wie sie dieselbe pgo_183.015 zum Grundgesetz aller dichterischen Produktion und zum Princip der pgo_183.016 Lebensauffassung erhoben, das haben wir schon an einer andern Stelle pgo_183.017 erwähnt. Ohne uns hier bei den grammatischen und syntaktischen Figuren, pgo_183.018 der Jnversion, dem Anokalouthon, der Aposiopese und pgo_183.019 Ellipse aufzuhalten, von denen die erstere durch kühnere Stellung der pgo_183.020 Worte den Nachdruck verstärkt, während die andern durch Abkürzungen, pgo_183.021 Auslassungen, Errathenlassen die Aufmerksamkeit herausfordern, erwähnen pgo_183.022 wir noch
pgo_183.023 9) die Onamotopöie, eine sprachliche Tonmalerei, welche das pgo_183.024 natürliche Geräusch durch den Klang der Worte nachzuahmen sucht. pgo_183.025 Bekannt ist der Vers der Homerisch-Vossischen Odyssee:
pgo_183.026
Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.
pgo_183.027 Auch Goethe's Faust enthält einige schöne onomatopöiische Stellen:
pgo_183.028
Und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt,pgo_183.029 Die Riesenfichte stürzend Nachbarästepgo_183.030 Und Nachbarstämme quetschend niederstreift,pgo_183.031 Und ihren Fall dumpf hohl der Hügel donnert.
pgo_183.032 oder:
pgo_183.033
Horch, es splittern die Säulenpgo_183.034 Ewig grüner Palästepgo_183.035 Girren und Brechen der Aeste!pgo_183.036 Der Stämme mächtiges Dröhnen,pgo_183.037 Der Wurzeln Knarren und Gähnen!
pgo_183.001
Publicum.
pgo_183.002
Anachronismen eingestreut zu tausenden!
pgo_183.003
Chor.
pgo_183.004
So ganz unendlich tragisch! Alle sterben fast.
pgo_183.005
Platen, Romantischer Oedipus.
pgo_183.006 Hierher gehört auch die Litotes, die ironische Verkleinerung. So pgo_183.007 sagt Mercutio:
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Shakespeare, Romeo und Julie.
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pgo_183.026
Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.
pgo_183.027 Auch Goethe's Faust enthält einige schöne onomatopöiische Stellen:
pgo_183.028
Und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt,pgo_183.029 Die Riesenfichte stürzend Nachbarästepgo_183.030 Und Nachbarstämme quetschend niederstreift,pgo_183.031 Und ihren Fall dumpf hohl der Hügel donnert.
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Horch, es splittern die Säulenpgo_183.034 Ewig grüner Palästepgo_183.035 Girren und Brechen der Aeste!pgo_183.036 Der Stämme mächtiges Dröhnen,pgo_183.037 Der Wurzeln Knarren und Gähnen!
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Publicum.
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Anachronismen eingestreut zu tausenden!
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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/205>, abgerufen am 16.07.2024.
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