Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_180.001 Andromache. pgo_180.002Bei dem gewiß nicht, was Du jetzt gesprochen hast. pgo_180.003Hermione. pgo_180.004Der Geist, der Dir ward, wohnt mir nicht ein, o Frau! pgo_180.005Andromache. pgo_180.006Du bist so jung noch, und Du sprachst so maßlos schlecht! pgo_180.007Hermione. pgo_180.008Du aber sprichst nicht, nein, Du thust nur, was Du kannst. pgo_180.009Andromache. pgo_180.010O traure lieber schweigend, wenn Dich Kypris floh. pgo_180.011Hermione. pgo_180.012Wie? gilt den Fraun nicht Lieben als das Höchste stets? pgo_180.013Andromache. pgo_180.014Ja. -- pgo_180.015 pgo_180.016Wenn würdig sie es nützen, sonst entehrt es sie! Hermione. pgo_180.017Nicht mit Barbarensitten wohnt man hier im Land. pgo_180.018Andromache. pgo_180.019Wie dort das Schlechte, so gebiert auch hier es Schmach! pgo_180.020Euripides, Andromache (nach Fritze). pgo_180.021Leicester. pgo_180.022 Junger Mann, ihr seid zu rasch pgo_180.023 pgo_180.024Jn so gefährlich dornenvoller Sache. Mortimer. pgo_180.025Jhr -- sehr bedacht in solchem Fall der Ehre. pgo_180.026Leicester. pgo_180.027Jch seh die Netze, die uns rings umgeben. pgo_180.028Mortimer. pgo_180.029Jch fühle Muth, sie alle zu durchreißen. pgo_180.030Leicester. pgo_180.031Tollkühnheit, Raserei ist dieser Muth. pgo_180.032Mortimer. pgo_180.033Nicht Tapferkeit ist diese Klugheit, Lord. pgo_180.034Leicester. pgo_180.035Euch lüstet's wohl, wie Babington zu enden? pgo_180.036Mortimer. pgo_180.037Euch nicht, des Norfolks Großmuth nachzuahmen. pgo_180.038Leicester. pgo_180.039Norfolk hat seine Braut nicht heimgeführt. pgo_180.040Mortimer. pgo_180.041Er hat's bewiesen, daß er's würdig war.
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Zitationshilfe: | Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/202>, abgerufen am 16.07.2024. |