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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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bald unnöthig abschwächen, bald unnöthig hinaufschrauben. Solche pgo_144.002
Wendungen, wie "der grauenvollsten uns'rer Höllen,"

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Zerrt unnützeste Gespinnste pgo_144.004
Lange sie an Licht und Luft, pgo_144.005
Hoffnung herrlichster Gewinnste pgo_144.006
Schleppt sie schneidend zu der Gruft.

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und viele hundert andere sind von einer frostigen Mattigkeit. Eher vermag pgo_144.008
der Komparativ den Ausdruck zu verstärken, man denke an pgo_144.009
Klopstock's:

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Und die Stille ward stiller --

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nur nicht, wenn er mit jener maaßlosen Verschwendung angewendet wird, pgo_144.012
mit der ihn Schiller in einer höchst prosaisch gebauten und logisch nüchternen pgo_144.013
Periode seiner "Künstler" fast in jeden Vers streut. Hier bildet pgo_144.014
er eine eigene Art des grammatischen Schwulstes:

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Je reicher ihr den schnellen Blick vergnüget, pgo_144.016
Je höhre, schönre Ordnungen der Geist pgo_144.017
Jn einem Zauberbund durchflieget, pgo_144.018
Jn einem schwelgenden Genuß umkreist, pgo_144.019
Je weiter sich Gedanken und Gefühle, pgo_144.020
Dem üppigeren Harmonieenspiele, pgo_144.021
Dem reichern Strom der Schönheit aufgethan, pgo_144.022
Je schönre Glieder aus dem Weltenplan, pgo_144.023
Die jetzt verstümmelt seine Schöpfung schänden, pgo_144.024
Sieht er die hohen Formen dann vollenden, pgo_144.025
Je schönre Räthsel treten aus der Nacht, pgo_144.026
Je reicher wird die Welt, die er umschließet, pgo_144.027
Je breiter strömt das Meer, mit dem er fließet, pgo_144.028
Je schwächer wird des Schicksals blinde Macht. pgo_144.029
Je höher streben seine Triebe, pgo_144.030
Je kleiner wird er selbst, je größer seine Liebe. pgo_144.031
So führt ihn in verborgnem Lauf pgo_144.032
Durch immer reinre Formen, reinre Töne pgo_144.033
Durch immer höhre Höhe und immer schönre Schöne. pgo_144.034
Der Dichtung Blumenleiter still hinauf.

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Man weiß in der That nicht, ob jene Goethe'schen Superlative oder pgo_144.036
diese Schiller'schen Komparative unerträglicher sind. Was nun das Zeitwort pgo_144.037
betrifft, so können wir uns bei seiner Betrachtung kürzer fassen. pgo_144.038
Hier ist die Hauptregel für den Dichter, Verba zu wählen, welche nicht

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bald unnöthig abschwächen, bald unnöthig hinaufschrauben. Solche pgo_144.002
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Lange sie an Licht und Luft, pgo_144.005
Hoffnung herrlichster Gewinnste pgo_144.006
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Und die Stille ward stiller

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nur nicht, wenn er mit jener maaßlosen Verschwendung angewendet wird, pgo_144.012
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Je reicher ihr den schnellen Blick vergnüget, pgo_144.016
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Jn einem Zauberbund durchflieget, pgo_144.018
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Je reicher wird die Welt, die er umschließet, pgo_144.027
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Durch immer höhre Höhe und immer schönre Schöne. pgo_144.034
Der Dichtung Blumenleiter still hinauf.

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Man weiß in der That nicht, ob jene Goethe'schen Superlative oder pgo_144.036
diese Schiller'schen Komparative unerträglicher sind. Was nun das Zeitwort pgo_144.037
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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/166>, abgerufen am 22.11.2024.