Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.sagte: sie liebe ihn auch, man möge den Wein viel Eine Fliege war über den Zapfen gelaufen, sie "Aber hör mal Vetter, sagte der ältere Götti, ist ſagte: ſie liebe ihn auch, man möge den Wein viel Eine Fliege war über den Zapfen gelaufen, ſie „Aber hör mal Vetter, ſagte der ältere Götti, iſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0098" n="88"/> ſagte: ſie liebe ihn auch, man möge den Wein viel<lb/> beſſer ertragen, er mache einem nicht Kopfweh. Man<lb/> aß und trank. Aber kaum war der Lärm vorbei, der<lb/> allemal entſteht, wenn man hinter neue Gerichte geht,<lb/> ſo ward man wieder ſtille, und ernſt wurden die Ge¬<lb/> ſichter, man merkte wohl, alle Gedanken waren bei der<lb/> Spinne. Scheu und verſtohlen blickten die Augen nach<lb/> dem Zapfen hinter des Großvaters Rücken, und doch<lb/> ſcheute Jeder ſich, wieder davon anzufangen. Da ſchrie<lb/> laut auf die Gotte und wäre faſt vom Stuhle gefallen.</p><lb/> <p>Eine Fliege war über den Zapfen gelaufen, ſie<lb/> hatte geglaubt, der Spinne ſchwarze Beine gramſelten<lb/> zum Loche heraus, und zitterte vor Schreck am ganzen<lb/> Leibe. Kaum ward ſie ausgelacht; ihr Schreck war<lb/> willkommener Anlaß, von neuem von der Spinne<lb/> anzufangen, denn, wenn einmal eine Sache unſere<lb/> Seele recht berührt hat, ſo kommt dieſelbe nicht ſo<lb/> ſchnell davon los.</p><lb/> <p>„Aber hör mal Vetter, ſagte der ältere Götti, iſt<lb/> die Spinne ſeither nie aus dem Loche gekommen, ſon¬<lb/> dern immer darin geblieben ſeit ſo vielen hundert Jah¬<lb/> ren.“ „Eh, ſagte die Großmutter, es wäre beſſer man<lb/> ſchwiege von der ganzen Sache, man hätte ja den<lb/> ganzen Nachmittag davon geredet.“ „Eh Mutter, ſagte<lb/> der Vetter, laß deinen Alten reden, er hat uns recht<lb/> kurze Zeit gemacht, und vorhalten wird Euch das<lb/> Ding Niemand, ſtammet ihr ja nicht von Chriſtine<lb/> ab. Und du bringſt unſere Gedanken doch nicht von<lb/> der Sache ab, und wenn wir nicht von ihr reden<lb/> dürfen, ſo reden wir auch von nichts anderm, dann<lb/> gibts keine kurze Zeit mehr. Nun Großvater, rede,<lb/> deine Alte wird es uns nicht vergönnen.“ „He wenn<lb/> ihr es zwingen wollet, ſo zwinget es meinethalben,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0098]
ſagte: ſie liebe ihn auch, man möge den Wein viel
beſſer ertragen, er mache einem nicht Kopfweh. Man
aß und trank. Aber kaum war der Lärm vorbei, der
allemal entſteht, wenn man hinter neue Gerichte geht,
ſo ward man wieder ſtille, und ernſt wurden die Ge¬
ſichter, man merkte wohl, alle Gedanken waren bei der
Spinne. Scheu und verſtohlen blickten die Augen nach
dem Zapfen hinter des Großvaters Rücken, und doch
ſcheute Jeder ſich, wieder davon anzufangen. Da ſchrie
laut auf die Gotte und wäre faſt vom Stuhle gefallen.
Eine Fliege war über den Zapfen gelaufen, ſie
hatte geglaubt, der Spinne ſchwarze Beine gramſelten
zum Loche heraus, und zitterte vor Schreck am ganzen
Leibe. Kaum ward ſie ausgelacht; ihr Schreck war
willkommener Anlaß, von neuem von der Spinne
anzufangen, denn, wenn einmal eine Sache unſere
Seele recht berührt hat, ſo kommt dieſelbe nicht ſo
ſchnell davon los.
„Aber hör mal Vetter, ſagte der ältere Götti, iſt
die Spinne ſeither nie aus dem Loche gekommen, ſon¬
dern immer darin geblieben ſeit ſo vielen hundert Jah¬
ren.“ „Eh, ſagte die Großmutter, es wäre beſſer man
ſchwiege von der ganzen Sache, man hätte ja den
ganzen Nachmittag davon geredet.“ „Eh Mutter, ſagte
der Vetter, laß deinen Alten reden, er hat uns recht
kurze Zeit gemacht, und vorhalten wird Euch das
Ding Niemand, ſtammet ihr ja nicht von Chriſtine
ab. Und du bringſt unſere Gedanken doch nicht von
der Sache ab, und wenn wir nicht von ihr reden
dürfen, ſo reden wir auch von nichts anderm, dann
gibts keine kurze Zeit mehr. Nun Großvater, rede,
deine Alte wird es uns nicht vergönnen.“ „He wenn
ihr es zwingen wollet, ſo zwinget es meinethalben,
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