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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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Leuten, die, als der Stein nichts half, mit der Hand
sie zu erdrücken versuchten, allein vergeblich. Ein grä߬
licher Gluthstrom, der durch Hand und Arm zuckte, tilgte
jede Kraft und brachte den Tod ins Herz. Es kam
ihr auch vor, zu erdrücken vermöchte sie die Spinne
nicht, aber sie erfassen dürfte sie wohl, und so viel
Kraft würde ihr Gott verleihen, dieselbe irgend wohin
zu thun, sie unschädlich zu machen. Sie hatte schon
oft gehört, wie kundige Männer Geister eingesperrt
hätten in ein Loch in Felsen oder Holz, welches sie
mit einem Nagel zugeschlagen, und so lange den Nagel
Niemand ausziehe, müsse der Geist gebannt im Loche
sein.

"Gleiches zu versuchen drängte der Geist sie immer
mehr. Sie bohrte ein Loch in das Bystal, das ihr
am nächsten lag zur rechten Hand, wenn sie bei der
Wiege saß, rüstete einen Zapfen, der scharf ins Loch
paßte, weihte ihn mit geheiligtem Wasser, legte einen
Hammer zurecht, und betete nun Tag und Nacht zu
Gott um Kraft zur That. Aber manchmal war das
Fleisch stärker als der Geist, und schwerer Schlaf drückte
ihr die Augen zu, dann sah sie im Traume die Spinne,
glotzend auf ihres Bübchens goldenen Locken, dann fuhr
sie aus dem Traume, fuhr nach des Bübchens Locken.
Dort aber war keine Spinne, ein Lächeln saß auf sei¬
nem Gesichtchen, wie Kindlein lächeln, wenn sie ihren
Engel im Traume sehen; der Mutter aber glitzerten in
allen Ecken der Spinne giftige Augen, und auf lange
wich der Schlaf von ihr

"So hatte sie auch einmal nach strengem Wachen
der Schlaf überwältigt, und dicht umnachtete er sie.
Da war es ihr, als stürze der fromme Priester, der
in der Rettung ihres Kindleins gestorben, herbei aus

Leuten, die, als der Stein nichts half, mit der Hand
ſie zu erdrücken verſuchten, allein vergeblich. Ein grä߬
licher Gluthſtrom, der durch Hand und Arm zuckte, tilgte
jede Kraft und brachte den Tod ins Herz. Es kam
ihr auch vor, zu erdrücken vermöchte ſie die Spinne
nicht, aber ſie erfaſſen dürfte ſie wohl, und ſo viel
Kraft würde ihr Gott verleihen, dieſelbe irgend wohin
zu thun, ſie unſchädlich zu machen. Sie hatte ſchon
oft gehört, wie kundige Männer Geiſter eingeſperrt
hätten in ein Loch in Felſen oder Holz, welches ſie
mit einem Nagel zugeſchlagen, und ſo lange den Nagel
Niemand ausziehe, müſſe der Geiſt gebannt im Loche
ſein.

„Gleiches zu verſuchen drängte der Geiſt ſie immer
mehr. Sie bohrte ein Loch in das Byſtal, das ihr
am nächſten lag zur rechten Hand, wenn ſie bei der
Wiege ſaß, rüſtete einen Zapfen, der ſcharf ins Loch
paßte, weihte ihn mit geheiligtem Waſſer, legte einen
Hammer zurecht, und betete nun Tag und Nacht zu
Gott um Kraft zur That. Aber manchmal war das
Fleiſch ſtärker als der Geiſt, und ſchwerer Schlaf drückte
ihr die Augen zu, dann ſah ſie im Traume die Spinne,
glotzend auf ihres Bübchens goldenen Locken, dann fuhr
ſie aus dem Traume, fuhr nach des Bübchens Locken.
Dort aber war keine Spinne, ein Lächeln ſaß auf ſei¬
nem Geſichtchen, wie Kindlein lächeln, wenn ſie ihren
Engel im Traume ſehen; der Mutter aber glitzerten in
allen Ecken der Spinne giftige Augen, und auf lange
wich der Schlaf von ihr

„So hatte ſie auch einmal nach ſtrengem Wachen
der Schlaf überwältigt, und dicht umnachtete er ſie.
Da war es ihr, als ſtürze der fromme Prieſter, der
in der Rettung ihres Kindleins geſtorben, herbei aus

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[83/0093] Leuten, die, als der Stein nichts half, mit der Hand ſie zu erdrücken verſuchten, allein vergeblich. Ein grä߬ licher Gluthſtrom, der durch Hand und Arm zuckte, tilgte jede Kraft und brachte den Tod ins Herz. Es kam ihr auch vor, zu erdrücken vermöchte ſie die Spinne nicht, aber ſie erfaſſen dürfte ſie wohl, und ſo viel Kraft würde ihr Gott verleihen, dieſelbe irgend wohin zu thun, ſie unſchädlich zu machen. Sie hatte ſchon oft gehört, wie kundige Männer Geiſter eingeſperrt hätten in ein Loch in Felſen oder Holz, welches ſie mit einem Nagel zugeſchlagen, und ſo lange den Nagel Niemand ausziehe, müſſe der Geiſt gebannt im Loche ſein. „Gleiches zu verſuchen drängte der Geiſt ſie immer mehr. Sie bohrte ein Loch in das Byſtal, das ihr am nächſten lag zur rechten Hand, wenn ſie bei der Wiege ſaß, rüſtete einen Zapfen, der ſcharf ins Loch paßte, weihte ihn mit geheiligtem Waſſer, legte einen Hammer zurecht, und betete nun Tag und Nacht zu Gott um Kraft zur That. Aber manchmal war das Fleiſch ſtärker als der Geiſt, und ſchwerer Schlaf drückte ihr die Augen zu, dann ſah ſie im Traume die Spinne, glotzend auf ihres Bübchens goldenen Locken, dann fuhr ſie aus dem Traume, fuhr nach des Bübchens Locken. Dort aber war keine Spinne, ein Lächeln ſaß auf ſei¬ nem Geſichtchen, wie Kindlein lächeln, wenn ſie ihren Engel im Traume ſehen; der Mutter aber glitzerten in allen Ecken der Spinne giftige Augen, und auf lange wich der Schlaf von ihr „So hatte ſie auch einmal nach ſtrengem Wachen der Schlaf überwältigt, und dicht umnachtete er ſie. Da war es ihr, als ſtürze der fromme Prieſter, der in der Rettung ihres Kindleins geſtorben, herbei aus

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/93>, abgerufen am 22.11.2024.