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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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ganzen Leib weg. Da sah sie in der Blitze fahlem
Scheine langbeinig giftig, unzählbare schwarze Spin¬
nen laufen über ihre Glieder, hinaus in die Nacht,
und den entschwundenen liefen langbeinig giftig, un¬
zählbare andere nach. Endlich sah sie keine mehr den
frühern folgen, der Brand im Gesichte legte sich, die
Spinne ließ sich nieder, ward zum fast unsichtbaren
Punkte wieder, schaute mit erlöschenden Augen ihrer
Höllenbrut nach, die sie geboren hatte, und ausgesandt,
zum Zeichen, wie der Grüne mit sich spassen lasse.

"Matt, einer Wöchnerin gleich, schlich Christine nach
Hause, wenn schon die Glut so heiß nicht mehr brannte
auf dem Gesichte, die Glut im Herzen hatte nicht ab¬
genommen; wenn schon die matten Glieder nach Ruhe
sich sehnten, der Grüne ließ ihr keine Ruhe mehr; wen
er einmal hat, dem macht er es so.

"Drinnen im Hause aber da jubelten sie und freu¬
ten sich, und hörten lange nicht, wie das Vieh brüllte
und tobte im Stalle. Endlich fuhren sie doch auf,
man ging nachzusehen, schreckensblaß kamen die wieder,
die gegangen waren, und brachten die Kunde, die
schönste Kuh liege todt, die Uebrigen tobten und wüthe¬
ten, wie sie es nie gesehen. Da sei es nicht richtig,
etwas Absonderliches walte da. Da verstummte der
Jubel, Alles lief nach dem Vieh, dessen Gebrüll erscholl
über Berg und Thal, aber Keiner hatte Rath. Gegen
den Zauber versuchte man weltliche und geistliche Künste;
aber alle umsonst; ehe noch der Tag graute, hatte der
Tod das sämmtliche Vieh im Stalle gestreckt. Wie es
aber hier stumm wurde, so begann es da zu brüllen
und dort zu brüllen; die da waren, hörten wie in ihre
Ställe die Noth gebrochen, wehlich das Vieh seine
Meister zu Hülfe rief in seiner grausen Angst.

ganzen Leib weg. Da ſah ſie in der Blitze fahlem
Scheine langbeinig giftig, unzählbare ſchwarze Spin¬
nen laufen über ihre Glieder, hinaus in die Nacht,
und den entſchwundenen liefen langbeinig giftig, un¬
zählbare andere nach. Endlich ſah ſie keine mehr den
frühern folgen, der Brand im Geſichte legte ſich, die
Spinne ließ ſich nieder, ward zum faſt unſichtbaren
Punkte wieder, ſchaute mit erlöſchenden Augen ihrer
Höllenbrut nach, die ſie geboren hatte, und ausgeſandt,
zum Zeichen, wie der Grüne mit ſich ſpaſſen laſſe.

„Matt, einer Wöchnerin gleich, ſchlich Chriſtine nach
Hauſe, wenn ſchon die Glut ſo heiß nicht mehr brannte
auf dem Geſichte, die Glut im Herzen hatte nicht ab¬
genommen; wenn ſchon die matten Glieder nach Ruhe
ſich ſehnten, der Grüne ließ ihr keine Ruhe mehr; wen
er einmal hat, dem macht er es ſo.

„Drinnen im Hauſe aber da jubelten ſie und freu¬
ten ſich, und hörten lange nicht, wie das Vieh brüllte
und tobte im Stalle. Endlich fuhren ſie doch auf,
man ging nachzuſehen, ſchreckensblaß kamen die wieder,
die gegangen waren, und brachten die Kunde, die
ſchönſte Kuh liege todt, die Uebrigen tobten und wüthe¬
ten, wie ſie es nie geſehen. Da ſei es nicht richtig,
etwas Abſonderliches walte da. Da verſtummte der
Jubel, Alles lief nach dem Vieh, deſſen Gebrüll erſcholl
über Berg und Thal, aber Keiner hatte Rath. Gegen
den Zauber verſuchte man weltliche und geiſtliche Künſte;
aber alle umſonſt; ehe noch der Tag graute, hatte der
Tod das ſämmtliche Vieh im Stalle geſtreckt. Wie es
aber hier ſtumm wurde, ſo begann es da zu brüllen
und dort zu brüllen; die da waren, hörten wie in ihre
Ställe die Noth gebrochen, wehlich das Vieh ſeine
Meiſter zu Hülfe rief in ſeiner grauſen Angſt.

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[59/0069] ganzen Leib weg. Da ſah ſie in der Blitze fahlem Scheine langbeinig giftig, unzählbare ſchwarze Spin¬ nen laufen über ihre Glieder, hinaus in die Nacht, und den entſchwundenen liefen langbeinig giftig, un¬ zählbare andere nach. Endlich ſah ſie keine mehr den frühern folgen, der Brand im Geſichte legte ſich, die Spinne ließ ſich nieder, ward zum faſt unſichtbaren Punkte wieder, ſchaute mit erlöſchenden Augen ihrer Höllenbrut nach, die ſie geboren hatte, und ausgeſandt, zum Zeichen, wie der Grüne mit ſich ſpaſſen laſſe. „Matt, einer Wöchnerin gleich, ſchlich Chriſtine nach Hauſe, wenn ſchon die Glut ſo heiß nicht mehr brannte auf dem Geſichte, die Glut im Herzen hatte nicht ab¬ genommen; wenn ſchon die matten Glieder nach Ruhe ſich ſehnten, der Grüne ließ ihr keine Ruhe mehr; wen er einmal hat, dem macht er es ſo. „Drinnen im Hauſe aber da jubelten ſie und freu¬ ten ſich, und hörten lange nicht, wie das Vieh brüllte und tobte im Stalle. Endlich fuhren ſie doch auf, man ging nachzuſehen, ſchreckensblaß kamen die wieder, die gegangen waren, und brachten die Kunde, die ſchönſte Kuh liege todt, die Uebrigen tobten und wüthe¬ ten, wie ſie es nie geſehen. Da ſei es nicht richtig, etwas Abſonderliches walte da. Da verſtummte der Jubel, Alles lief nach dem Vieh, deſſen Gebrüll erſcholl über Berg und Thal, aber Keiner hatte Rath. Gegen den Zauber verſuchte man weltliche und geiſtliche Künſte; aber alle umſonſt; ehe noch der Tag graute, hatte der Tod das ſämmtliche Vieh im Stalle geſtreckt. Wie es aber hier ſtumm wurde, ſo begann es da zu brüllen und dort zu brüllen; die da waren, hörten wie in ihre Ställe die Noth gebrochen, wehlich das Vieh ſeine Meiſter zu Hülfe rief in ſeiner grauſen Angſt.

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/69>, abgerufen am 25.11.2024.