Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.Todtenglocke, kam von der Kirche her, daß ein eigen¬ "Sechs Buchen lud man selbigen Tages neben ein¬ "Da war das Staunen groß im ganzen Thale und Todtenglocke, kam von der Kirche her, daß ein eigen¬ „Sechs Buchen lud man ſelbigen Tages neben ein¬ „Da war das Staunen groß im ganzen Thale und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="48"/> Todtenglocke, kam von der Kirche her, daß ein eigen¬<lb/> thümlich Grauen die ſtärkſten Männer ergriff und jedes¬<lb/> mal Menſchen und Thiere bebten, wenn man gegen die<lb/> Kirche kam. War man einmal vorbei, ſo konnte man<lb/> ruhig fahren, ruhig abladen, ruhig zu friſcher Ladung<lb/> wieder gehen.</p><lb/> <p>„Sechs Buchen lud man ſelbigen Tages neben ein¬<lb/> ander ab an die abgeredete Stelle, ſechs Buchen waren<lb/> am folgenden Morgen zu Bärhegen oben gepflanzet,<lb/> und durchs ganze Thal hin hatte Niemand eine Achſe<lb/> gehört, die ſich umgedreht um ihre Spule, Niemand<lb/> der Fuhrleute üblich Geſchrei, der Pferde Wiehern, der<lb/> Ochſen einförmig Gebrüll. Aber ſechs Buchen ſtanden<lb/> oben, die konnte ſehen, wer wollte, und es waren die<lb/> ſechs Buchen, die man unten an dem Stalden hinge¬<lb/> legt hatte, und nicht andere.</p><lb/> <p>„Da war das Staunen groß im ganzen Thale und<lb/> die Neugierde regte ſich bei Männiglich. Abſonderlich<lb/> die Ritter nahm es Wunder, welche Pacht die Bauern<lb/> geſchloſſen und auf welche Weiſe die Buchen zur Stelle<lb/> geſchafft würden. Sie hätten gerne auf heidniſche Weiſe<lb/> den Bauern das Geheimniß ausgepreßt. Allein ſie ſahen<lb/> bald, daß die Bauern auch nicht Alles wüßten, da ſie<lb/> ſelbſt halb erſchrocken waren. Zudem wehrte der von<lb/> Stoffeln. Dem war es nicht nur gleichgültig, wie die<lb/> Buchen nach Bärhegen kommen, im Gegentheil, wenn<lb/> nur die Buchen heraufkommen, ſo ſah er gerne, daß<lb/> die Bauern dabei geſchont wurden. Er hatte wohl<lb/> geſehen, daß der Spott der Ritter ihn zu einer Un¬<lb/> beſonnenheit verleitet hatte, denn wenn die Bauern zu<lb/> Grunde gingen, die Felder unbeſtellt blieben, ſo hatte<lb/> die Herrſchaft den größten Schaden dabei; allein was<lb/> der von Stoffeln einmal geſagt hatte, dabei blieb es.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [48/0058]
Todtenglocke, kam von der Kirche her, daß ein eigen¬
thümlich Grauen die ſtärkſten Männer ergriff und jedes¬
mal Menſchen und Thiere bebten, wenn man gegen die
Kirche kam. War man einmal vorbei, ſo konnte man
ruhig fahren, ruhig abladen, ruhig zu friſcher Ladung
wieder gehen.
„Sechs Buchen lud man ſelbigen Tages neben ein¬
ander ab an die abgeredete Stelle, ſechs Buchen waren
am folgenden Morgen zu Bärhegen oben gepflanzet,
und durchs ganze Thal hin hatte Niemand eine Achſe
gehört, die ſich umgedreht um ihre Spule, Niemand
der Fuhrleute üblich Geſchrei, der Pferde Wiehern, der
Ochſen einförmig Gebrüll. Aber ſechs Buchen ſtanden
oben, die konnte ſehen, wer wollte, und es waren die
ſechs Buchen, die man unten an dem Stalden hinge¬
legt hatte, und nicht andere.
„Da war das Staunen groß im ganzen Thale und
die Neugierde regte ſich bei Männiglich. Abſonderlich
die Ritter nahm es Wunder, welche Pacht die Bauern
geſchloſſen und auf welche Weiſe die Buchen zur Stelle
geſchafft würden. Sie hätten gerne auf heidniſche Weiſe
den Bauern das Geheimniß ausgepreßt. Allein ſie ſahen
bald, daß die Bauern auch nicht Alles wüßten, da ſie
ſelbſt halb erſchrocken waren. Zudem wehrte der von
Stoffeln. Dem war es nicht nur gleichgültig, wie die
Buchen nach Bärhegen kommen, im Gegentheil, wenn
nur die Buchen heraufkommen, ſo ſah er gerne, daß
die Bauern dabei geſchont wurden. Er hatte wohl
geſehen, daß der Spott der Ritter ihn zu einer Un¬
beſonnenheit verleitet hatte, denn wenn die Bauern zu
Grunde gingen, die Felder unbeſtellt blieben, ſo hatte
die Herrſchaft den größten Schaden dabei; allein was
der von Stoffeln einmal geſagt hatte, dabei blieb es.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |