Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.sagten endlich: thue es doch, wenn du darfst, aber du "Es nahte Weihnacht, die heilige Nacht. An das, "Sie begannen den heiligen Abend mit Fluchen und ſagten endlich: thue es doch, wenn du darfſt, aber du „Es nahte Weihnacht, die heilige Nacht. An das, „Sie begannen den heiligen Abend mit Fluchen und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0108" n="98"/> ſagten endlich: thue es doch, wenn du darfſt, aber du<lb/> darfſt nicht.</p><lb/> <p>„Es nahte Weihnacht, die heilige Nacht. An das,<lb/> was dieſelbe uns weihet, dachten ſie nicht; ein luſtiges<lb/> Leben hatten ſie abgerathen in derſelben. Im Schloſſe<lb/> drunten hauste ein alter Ritter nur, und der beküm¬<lb/> merte ſich wenig mehr um das Zeitliche; ein ſchelmi¬<lb/> ſcher Vogt verwaltete Alles zu ſeinem Vortheil. Um<lb/> ein Schelmenſtück hatten ſie dieſem edlen Ungarwein<lb/> abgehandelt, neben welchem Lande die Ritter in großem<lb/> Streite lagen; des edlen Weines Kraft und Feuer<lb/> kannten ſie nicht. Ein fürchterliches Unwetter kam her¬<lb/> auf, mit Blitz und Sturm, wie ſelten ſonſt um dieſe<lb/> Zeit, keinen Hund hätte man unter dem Ofen hervor¬<lb/> gejagt. Zur Kirche zu gehen hielt ſie das Unwetter nicht<lb/> ab, ſie wären bei ſchönem Wetter auch nicht gegangen,<lb/> hätten den Meiſter alleine gehen laſſen; aber es hielt<lb/> andere ab, die Kirche zu beſuchen; ſie blieben allein<lb/> im alten Hauſe beim edlen Weine.</p><lb/> <p>„Sie begannen den heiligen Abend mit Fluchen und<lb/> Tanzen, mit wüſtern und ärgern Dingen; dann ſetzten<lb/> ſie ſich zum Mahle, wozu die Mägde Fleiſch gekocht<lb/> hatten, weißen Brei und was ſie ſonſt Gutes ſtehlen<lb/> konnten. Da ward die Rohheit immer gräßlicher, ſie<lb/> ſchändeten alle Speiſen, läſterten alles Heilige; der ge¬<lb/> nannte Knecht ſpottete des Prieſters, theilte Brod aus<lb/> und trank ſeinen Wein, als ob er die heilige Meſſe<lb/> verwaltete, taufte den Hund unterm Ofen, trieb es bis<lb/> es angſt und bange den Andern wurde, wie ruchlos ſie<lb/> ſonſt auch waren. Da ſtach er mit dem Meſſer ins<lb/> Loch und fluchte, er wolle ihnen noch ganz andere Dinge<lb/> zeigen. Als ſie darob nicht erſchrecken wollten, weil er<lb/> das Gleiche ſchon manchmal getrieben, und mit dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [98/0108]
ſagten endlich: thue es doch, wenn du darfſt, aber du
darfſt nicht.
„Es nahte Weihnacht, die heilige Nacht. An das,
was dieſelbe uns weihet, dachten ſie nicht; ein luſtiges
Leben hatten ſie abgerathen in derſelben. Im Schloſſe
drunten hauste ein alter Ritter nur, und der beküm¬
merte ſich wenig mehr um das Zeitliche; ein ſchelmi¬
ſcher Vogt verwaltete Alles zu ſeinem Vortheil. Um
ein Schelmenſtück hatten ſie dieſem edlen Ungarwein
abgehandelt, neben welchem Lande die Ritter in großem
Streite lagen; des edlen Weines Kraft und Feuer
kannten ſie nicht. Ein fürchterliches Unwetter kam her¬
auf, mit Blitz und Sturm, wie ſelten ſonſt um dieſe
Zeit, keinen Hund hätte man unter dem Ofen hervor¬
gejagt. Zur Kirche zu gehen hielt ſie das Unwetter nicht
ab, ſie wären bei ſchönem Wetter auch nicht gegangen,
hätten den Meiſter alleine gehen laſſen; aber es hielt
andere ab, die Kirche zu beſuchen; ſie blieben allein
im alten Hauſe beim edlen Weine.
„Sie begannen den heiligen Abend mit Fluchen und
Tanzen, mit wüſtern und ärgern Dingen; dann ſetzten
ſie ſich zum Mahle, wozu die Mägde Fleiſch gekocht
hatten, weißen Brei und was ſie ſonſt Gutes ſtehlen
konnten. Da ward die Rohheit immer gräßlicher, ſie
ſchändeten alle Speiſen, läſterten alles Heilige; der ge¬
nannte Knecht ſpottete des Prieſters, theilte Brod aus
und trank ſeinen Wein, als ob er die heilige Meſſe
verwaltete, taufte den Hund unterm Ofen, trieb es bis
es angſt und bange den Andern wurde, wie ruchlos ſie
ſonſt auch waren. Da ſtach er mit dem Meſſer ins
Loch und fluchte, er wolle ihnen noch ganz andere Dinge
zeigen. Als ſie darob nicht erſchrecken wollten, weil er
das Gleiche ſchon manchmal getrieben, und mit dem
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Zitationshilfe: | Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/108>, abgerufen am 23.07.2024. |