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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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kreideweiß. Der Waldbruder war nicht so erschrockener Natur, Geistesgegenwart besaß er selbst für Leute seines Schlages in beträchtlichem Maaße; gelassen sah er über seinen Krug weg, und sein geübtes Auge erkannte alsbald des Fremdlings Natur. Frau Gertrude, sagte er, seid nur ruhig und sitzet wieder ab; euer Herr, der Pfarrer von Zell, hat euch nicht zu einem Sündenwerk ausgesandt, darob ihr Furcht haben müsset, sondern einen Kranken und durch langes Fasten Matten zu stärken. Esset und trinket nur ruhig, auf frommen Wegen seid ihr müde geworden; Stärkung bedürft auch ihr zum Heimgänge. Du aber, Junge, wandte er sich nun zu Kurt, gieb Bericht, was du willst und wer dich gesandt! Für wessen Seele soll ich beten, wen gesund machen, ein krankes Kalb oder einen lahmen Hund? -- Uli von Gütsch läßt Euch grüßen, er ist's, der mich hergewiesen hat, antwortete Kurt. Diese Antwort gab des Waldbruders Kaltblütigkeit einen Stoß, denn diese Art von Bekanntschaften brachte er doch nicht gerne zur Kenntniß von des Pfarrers Köchin; er stellte das Fragen ein, hieß Kurt sein Roß abzäumen, sich hersetzen und Theil nehmen an ihren Stärkungen. Wahrscheinlich rechnete der Waldbruder darauf, die Köchin werde alsbald vor dem Burschen mit dem verwilderten Angesichte die Flucht nehmen, allein er verrechnete sich, er kannte die Schnapphähne besser als die Köchinnen; es schien ordentlich, als werde die Köchin breiter auf ihrem Sitze, als lasse sie sich

kreideweiß. Der Waldbruder war nicht so erschrockener Natur, Geistesgegenwart besaß er selbst für Leute seines Schlages in beträchtlichem Maaße; gelassen sah er über seinen Krug weg, und sein geübtes Auge erkannte alsbald des Fremdlings Natur. Frau Gertrude, sagte er, seid nur ruhig und sitzet wieder ab; euer Herr, der Pfarrer von Zell, hat euch nicht zu einem Sündenwerk ausgesandt, darob ihr Furcht haben müsset, sondern einen Kranken und durch langes Fasten Matten zu stärken. Esset und trinket nur ruhig, auf frommen Wegen seid ihr müde geworden; Stärkung bedürft auch ihr zum Heimgänge. Du aber, Junge, wandte er sich nun zu Kurt, gieb Bericht, was du willst und wer dich gesandt! Für wessen Seele soll ich beten, wen gesund machen, ein krankes Kalb oder einen lahmen Hund? — Uli von Gütsch läßt Euch grüßen, er ist's, der mich hergewiesen hat, antwortete Kurt. Diese Antwort gab des Waldbruders Kaltblütigkeit einen Stoß, denn diese Art von Bekanntschaften brachte er doch nicht gerne zur Kenntniß von des Pfarrers Köchin; er stellte das Fragen ein, hieß Kurt sein Roß abzäumen, sich hersetzen und Theil nehmen an ihren Stärkungen. Wahrscheinlich rechnete der Waldbruder darauf, die Köchin werde alsbald vor dem Burschen mit dem verwilderten Angesichte die Flucht nehmen, allein er verrechnete sich, er kannte die Schnapphähne besser als die Köchinnen; es schien ordentlich, als werde die Köchin breiter auf ihrem Sitze, als lasse sie sich

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[0057] kreideweiß. Der Waldbruder war nicht so erschrockener Natur, Geistesgegenwart besaß er selbst für Leute seines Schlages in beträchtlichem Maaße; gelassen sah er über seinen Krug weg, und sein geübtes Auge erkannte alsbald des Fremdlings Natur. Frau Gertrude, sagte er, seid nur ruhig und sitzet wieder ab; euer Herr, der Pfarrer von Zell, hat euch nicht zu einem Sündenwerk ausgesandt, darob ihr Furcht haben müsset, sondern einen Kranken und durch langes Fasten Matten zu stärken. Esset und trinket nur ruhig, auf frommen Wegen seid ihr müde geworden; Stärkung bedürft auch ihr zum Heimgänge. Du aber, Junge, wandte er sich nun zu Kurt, gieb Bericht, was du willst und wer dich gesandt! Für wessen Seele soll ich beten, wen gesund machen, ein krankes Kalb oder einen lahmen Hund? — Uli von Gütsch läßt Euch grüßen, er ist's, der mich hergewiesen hat, antwortete Kurt. Diese Antwort gab des Waldbruders Kaltblütigkeit einen Stoß, denn diese Art von Bekanntschaften brachte er doch nicht gerne zur Kenntniß von des Pfarrers Köchin; er stellte das Fragen ein, hieß Kurt sein Roß abzäumen, sich hersetzen und Theil nehmen an ihren Stärkungen. Wahrscheinlich rechnete der Waldbruder darauf, die Köchin werde alsbald vor dem Burschen mit dem verwilderten Angesichte die Flucht nehmen, allein er verrechnete sich, er kannte die Schnapphähne besser als die Köchinnen; es schien ordentlich, als werde die Köchin breiter auf ihrem Sitze, als lasse sie sich

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/57>, abgerufen am 23.11.2024.