Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

fragte er der Zukunft nach, da er so lustig lebte, was fragte er Koppigen nach, da es so lustig war im weiten grünen Walde! Je mehr man ihn mit solchem Gerede plagte, desto weniger kam er heim, es ging ehedem accurat wie heute.

Es kam der Herbst und mit ihm ein Markt zu Solothurn. Dort wohnte von je ein lustiges Volk, welches sein wahres Leben mehr außerhalb des Hauses als im Hause selbst hatte, lieber Gast war, als Gäste hatte, darum, wer lustig leben wollte, im lustigen Solothurn zahlreich an den Märkten sich fand, wo man die weiten Herbergen voll Lustbarkeit und Solothurner fand. Begreiflich waren für Kurt und seine Freunde solche Tage, was Schweinemetzgen für Krähen ist im Winter. Von Weitem her kommen die schwarzen Vögel geflogen, sobald ein Schwein zu seufzen und zu schreien beginnt; von Weitem sperren sie die Schnäbel auf nach Schweinefleisch und Blut. Mit den Männern kommen die Dirnen gezogen, die jungen als Lockvögel, die alten als Spürhunde, durch den Markt streifen sie, wie die Schwalben fliegen durch die Luft nach Beute. Da findet sich viel Gesindel zusammen, wie von allen Winden zusammengetragen, und kennt sich von Weitem. Da giebt es viele Concurrenz, findet sich alte Liebe, entsteht neuer Haß; was man des Tags gemeinsam erbeutet, zerstört man des Nachts im wilden Streite. Kurt war auch dort, verließ aber bald die Stadt. Bestmöglichst hatte er sich unkenntlich gemacht, doch sah

fragte er der Zukunft nach, da er so lustig lebte, was fragte er Koppigen nach, da es so lustig war im weiten grünen Walde! Je mehr man ihn mit solchem Gerede plagte, desto weniger kam er heim, es ging ehedem accurat wie heute.

Es kam der Herbst und mit ihm ein Markt zu Solothurn. Dort wohnte von je ein lustiges Volk, welches sein wahres Leben mehr außerhalb des Hauses als im Hause selbst hatte, lieber Gast war, als Gäste hatte, darum, wer lustig leben wollte, im lustigen Solothurn zahlreich an den Märkten sich fand, wo man die weiten Herbergen voll Lustbarkeit und Solothurner fand. Begreiflich waren für Kurt und seine Freunde solche Tage, was Schweinemetzgen für Krähen ist im Winter. Von Weitem her kommen die schwarzen Vögel geflogen, sobald ein Schwein zu seufzen und zu schreien beginnt; von Weitem sperren sie die Schnäbel auf nach Schweinefleisch und Blut. Mit den Männern kommen die Dirnen gezogen, die jungen als Lockvögel, die alten als Spürhunde, durch den Markt streifen sie, wie die Schwalben fliegen durch die Luft nach Beute. Da findet sich viel Gesindel zusammen, wie von allen Winden zusammengetragen, und kennt sich von Weitem. Da giebt es viele Concurrenz, findet sich alte Liebe, entsteht neuer Haß; was man des Tags gemeinsam erbeutet, zerstört man des Nachts im wilden Streite. Kurt war auch dort, verließ aber bald die Stadt. Bestmöglichst hatte er sich unkenntlich gemacht, doch sah

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <p><pb facs="#f0022"/>
fragte er der Zukunft nach, da er so lustig lebte,                     was fragte er Koppigen nach, da es so lustig war im weiten grünen Walde! Je mehr                     man ihn mit solchem Gerede plagte, desto weniger kam er heim, es ging ehedem                     accurat wie heute.</p><lb/>
        <p>Es kam der Herbst und mit ihm ein Markt zu Solothurn. Dort wohnte von je ein                     lustiges Volk, welches sein wahres Leben mehr außerhalb des Hauses als im Hause                     selbst hatte, lieber Gast war, als Gäste hatte, darum, wer lustig leben wollte,                     im lustigen Solothurn zahlreich an den Märkten sich fand, wo man die weiten                     Herbergen voll Lustbarkeit und Solothurner fand. Begreiflich waren für Kurt und                     seine Freunde solche Tage, was Schweinemetzgen für Krähen ist im Winter. Von                     Weitem her kommen die schwarzen Vögel geflogen, sobald ein Schwein zu seufzen                     und zu schreien beginnt; von Weitem sperren sie die Schnäbel auf nach                     Schweinefleisch und Blut. Mit den Männern kommen die Dirnen gezogen, die jungen                     als Lockvögel, die alten als Spürhunde, durch den Markt streifen sie, wie die                     Schwalben fliegen durch die Luft nach Beute. Da findet sich viel Gesindel                     zusammen, wie von allen Winden zusammengetragen, und kennt sich von Weitem. Da                     giebt es viele Concurrenz, findet sich alte Liebe, entsteht neuer Haß; was man                     des Tags gemeinsam erbeutet, zerstört man des Nachts im wilden Streite. Kurt war                     auch dort, verließ aber bald die Stadt. Bestmöglichst hatte er sich unkenntlich                     gemacht, doch sah<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0022] fragte er der Zukunft nach, da er so lustig lebte, was fragte er Koppigen nach, da es so lustig war im weiten grünen Walde! Je mehr man ihn mit solchem Gerede plagte, desto weniger kam er heim, es ging ehedem accurat wie heute. Es kam der Herbst und mit ihm ein Markt zu Solothurn. Dort wohnte von je ein lustiges Volk, welches sein wahres Leben mehr außerhalb des Hauses als im Hause selbst hatte, lieber Gast war, als Gäste hatte, darum, wer lustig leben wollte, im lustigen Solothurn zahlreich an den Märkten sich fand, wo man die weiten Herbergen voll Lustbarkeit und Solothurner fand. Begreiflich waren für Kurt und seine Freunde solche Tage, was Schweinemetzgen für Krähen ist im Winter. Von Weitem her kommen die schwarzen Vögel geflogen, sobald ein Schwein zu seufzen und zu schreien beginnt; von Weitem sperren sie die Schnäbel auf nach Schweinefleisch und Blut. Mit den Männern kommen die Dirnen gezogen, die jungen als Lockvögel, die alten als Spürhunde, durch den Markt streifen sie, wie die Schwalben fliegen durch die Luft nach Beute. Da findet sich viel Gesindel zusammen, wie von allen Winden zusammengetragen, und kennt sich von Weitem. Da giebt es viele Concurrenz, findet sich alte Liebe, entsteht neuer Haß; was man des Tags gemeinsam erbeutet, zerstört man des Nachts im wilden Streite. Kurt war auch dort, verließ aber bald die Stadt. Bestmöglichst hatte er sich unkenntlich gemacht, doch sah

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/22
Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/22>, abgerufen am 21.11.2024.