Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

die Kinder, schmückten mit großen Sträußen die Häuser, und im Herbste sammelten sie auf dem Platze die Reckholderbeeren (Wachholderbeeren), Kranken zur Erquickung, Allen zur Stärkung; nirgends waren die Glockenblumen goldener, die Reckholderbeeren kräftiger als auf des goldenen Fräuleins geweihtem Platze. Aber von derselben Stunde an ging auch des Fräuleins Verheißung in Erfüllung. Kurt ward gesegnet; seine Aecker trugen wieder, kein Mißwächs ward auf ihnen gesehen, sein Vieh mehrte sich, keine Krankheit verzehrte es, seine Jagd war reich, was er unternahm, gelang, seine Dienstleute hatten Glück in allen Dingen und hingen an ihrem Herrn von nun an mit Leib und Seele. Mit seinen alten Genossen hatte Kurt für immer gebrochen. Anfangs dachte er an Rache, aber er gab sie auf, er war zu glücklich und zu besonnen, um selbst wieder sein Glück zu stören. Der Flumenthaler war todt, die andern Spießgesellen suchten Kurt einigemal auf, hätten gern wieder das alte Leben mit ihm fortgesetzt, aber er fertigte sie ab, daß sie ihn fürder in Ruhe ließen; konnten sie ihn nicht tödten, so hatten sie Ursache ihn zu schonen, denn er wußte zu viel von ihnen. Eines Morgens stand eine wilde schwarzbraune Dirne vor dem Thore und bat um Einlaß. Es war des alten Sami's Tochter; er und die Alte waren gestorben, die Dirne hatte die Hütte angezündet, Alles verbrannt, was darin war, und

die Kinder, schmückten mit großen Sträußen die Häuser, und im Herbste sammelten sie auf dem Platze die Reckholderbeeren (Wachholderbeeren), Kranken zur Erquickung, Allen zur Stärkung; nirgends waren die Glockenblumen goldener, die Reckholderbeeren kräftiger als auf des goldenen Fräuleins geweihtem Platze. Aber von derselben Stunde an ging auch des Fräuleins Verheißung in Erfüllung. Kurt ward gesegnet; seine Aecker trugen wieder, kein Mißwächs ward auf ihnen gesehen, sein Vieh mehrte sich, keine Krankheit verzehrte es, seine Jagd war reich, was er unternahm, gelang, seine Dienstleute hatten Glück in allen Dingen und hingen an ihrem Herrn von nun an mit Leib und Seele. Mit seinen alten Genossen hatte Kurt für immer gebrochen. Anfangs dachte er an Rache, aber er gab sie auf, er war zu glücklich und zu besonnen, um selbst wieder sein Glück zu stören. Der Flumenthaler war todt, die andern Spießgesellen suchten Kurt einigemal auf, hätten gern wieder das alte Leben mit ihm fortgesetzt, aber er fertigte sie ab, daß sie ihn fürder in Ruhe ließen; konnten sie ihn nicht tödten, so hatten sie Ursache ihn zu schonen, denn er wußte zu viel von ihnen. Eines Morgens stand eine wilde schwarzbraune Dirne vor dem Thore und bat um Einlaß. Es war des alten Sami's Tochter; er und die Alte waren gestorben, die Dirne hatte die Hütte angezündet, Alles verbrannt, was darin war, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <p><pb facs="#f0195"/>
die Kinder, schmückten mit großen                     Sträußen die Häuser, und im Herbste sammelten sie auf dem Platze die                     Reckholderbeeren (Wachholderbeeren), Kranken zur Erquickung, Allen zur Stärkung;                     nirgends waren die Glockenblumen goldener, die Reckholderbeeren kräftiger als                     auf des goldenen Fräuleins geweihtem Platze. Aber von derselben Stunde an ging                     auch des Fräuleins Verheißung in Erfüllung. Kurt ward gesegnet; seine Aecker                     trugen wieder, kein Mißwächs ward auf ihnen gesehen, sein Vieh mehrte sich,                     keine Krankheit verzehrte es, seine Jagd war reich, was er unternahm, gelang,                     seine Dienstleute hatten Glück in allen Dingen und hingen an ihrem Herrn von nun                     an mit Leib und Seele. Mit seinen alten Genossen hatte Kurt für immer gebrochen.                     Anfangs dachte er an Rache, aber er gab sie auf, er war zu glücklich und zu                     besonnen, um selbst wieder sein Glück zu stören. Der Flumenthaler war todt, die                     andern Spießgesellen suchten Kurt einigemal auf, hätten gern wieder das alte                     Leben mit ihm fortgesetzt, aber er fertigte sie ab, daß sie ihn fürder in Ruhe                     ließen; konnten sie ihn nicht tödten, so hatten sie Ursache ihn zu schonen, denn                     er wußte zu viel von ihnen. Eines Morgens stand eine wilde schwarzbraune Dirne                     vor dem Thore und bat um Einlaß. Es war des alten Sami's Tochter; er und die                     Alte waren gestorben, die Dirne hatte die Hütte angezündet, Alles verbrannt, was                     darin war, und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0195] die Kinder, schmückten mit großen Sträußen die Häuser, und im Herbste sammelten sie auf dem Platze die Reckholderbeeren (Wachholderbeeren), Kranken zur Erquickung, Allen zur Stärkung; nirgends waren die Glockenblumen goldener, die Reckholderbeeren kräftiger als auf des goldenen Fräuleins geweihtem Platze. Aber von derselben Stunde an ging auch des Fräuleins Verheißung in Erfüllung. Kurt ward gesegnet; seine Aecker trugen wieder, kein Mißwächs ward auf ihnen gesehen, sein Vieh mehrte sich, keine Krankheit verzehrte es, seine Jagd war reich, was er unternahm, gelang, seine Dienstleute hatten Glück in allen Dingen und hingen an ihrem Herrn von nun an mit Leib und Seele. Mit seinen alten Genossen hatte Kurt für immer gebrochen. Anfangs dachte er an Rache, aber er gab sie auf, er war zu glücklich und zu besonnen, um selbst wieder sein Glück zu stören. Der Flumenthaler war todt, die andern Spießgesellen suchten Kurt einigemal auf, hätten gern wieder das alte Leben mit ihm fortgesetzt, aber er fertigte sie ab, daß sie ihn fürder in Ruhe ließen; konnten sie ihn nicht tödten, so hatten sie Ursache ihn zu schonen, denn er wußte zu viel von ihnen. Eines Morgens stand eine wilde schwarzbraune Dirne vor dem Thore und bat um Einlaß. Es war des alten Sami's Tochter; er und die Alte waren gestorben, die Dirne hatte die Hütte angezündet, Alles verbrannt, was darin war, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/195
Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/195>, abgerufen am 22.11.2024.