Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Thür stehen sehen. -- Was meynen Sie,Justinchen? Soll ich einen Kuppelpelz ver- dienen? Justine (verdrüßlich.) Davon läßt sich sprechen. Hier im Hause bleib' ich keinen Tag länger. Pistorius. Warum? Justine. Man dient doch nicht gern zurück. Pistorius (zuversichtlich.) O, Sie sollen in Stand und Würden bleiben. Ich bin gut für die junge Frau. Justine (verwundert.) Sie? Pistorius. Wie man für euch gut seyn kann. -- Es ist ein stilles, sittsames, eingezoge- nes Mädchen. Justine. Von außen. Pistorius (mit Feuer.) Und von innen. Sie hat ein Herz so weich, wie Rosenhonig. Aber Mutterwitz, Mutterwitz dabey. Sie ist fein, wie Spiritus vinum. Und doch im Thun und Wesen, wie ein Lamm! So eine Frau, das ist ein Julepp für einen Patienten, ein Laxetiv der Schmerzen, ein Vometiv der Grillen, kurz, ein wahres universalum, wie die Goldtinktur. Justine. Sie reden ja von ihr, wie ein Verliebter! Die Erbſchleicher. Thuͤr ſtehen ſehen. — Was meynen Sie,Juſtinchen? Soll ich einen Kuppelpelz ver- dienen? Juſtine (verdrüßlich.) Davon laͤßt ſich ſprechen. Hier im Hauſe bleib’ ich keinen Tag laͤnger. Piſtorius. Warum? Juſtine. Man dient doch nicht gern zuruͤck. Piſtorius (zuverſichtlich.) O, Sie ſollen in Stand und Wuͤrden bleiben. Ich bin gut fuͤr die junge Frau. Juſtine (verwundert.) Sie? Piſtorius. Wie man fuͤr euch gut ſeyn kann. — Es iſt ein ſtilles, ſittſames, eingezoge- nes Maͤdchen. Juſtine. Von außen. Piſtorius (mit Feuer.) Und von innen. Sie hat ein Herz ſo weich, wie Roſenhonig. Aber Mutterwitz, Mutterwitz dabey. Sie iſt fein, wie Spiritus vinum. Und doch im Thun und Weſen, wie ein Lamm! So eine Frau, das iſt ein Julepp fuͤr einen Patienten, ein Laxetiv der Schmerzen, ein Vometiv der Grillen, kurz, ein wahres univerſalum, wie die Goldtinktur. Juſtine. Sie reden ja von ihr, wie ein Verliebter! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#PIS"> <p><pb facs="#f0081" n="75"/><fw place="top" type="header">Die Erbſchleicher.</fw><lb/> Thuͤr ſtehen ſehen. — Was meynen Sie,<lb/> Juſtinchen? Soll ich einen Kuppelpelz ver-<lb/> dienen?</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </speaker> <stage>(verdrüßlich.)</stage> <p>Davon laͤßt ſich ſprechen.<lb/> Hier im Hauſe bleib’ ich keinen Tag laͤnger.</p> </sp><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius.</hi> </speaker> <p>Warum?</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Man dient doch nicht gern zuruͤck.</p> </sp><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius</hi> </speaker> <stage>(zuverſichtlich.)</stage> <p>O, Sie ſollen in<lb/> Stand und Wuͤrden bleiben. <hi rendition="#g">Ich</hi> bin gut fuͤr<lb/> die junge Frau.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </speaker> <stage>(verwundert.)</stage> <p>Sie?</p> </sp><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius.</hi> </speaker> <p>Wie man fuͤr <hi rendition="#g">euch</hi> gut ſeyn<lb/> kann. — Es iſt ein ſtilles, ſittſames, eingezoge-<lb/> nes Maͤdchen.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Von außen.</p> </sp><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius</hi> </speaker> <stage>(mit Feuer.)</stage> <p>Und von innen. Sie<lb/> hat ein Herz ſo weich, wie Roſenhonig. Aber<lb/> Mutterwitz, Mutterwitz dabey. Sie iſt fein,<lb/> wie <hi rendition="#aq">Spiritus vinum</hi>. Und doch im Thun und<lb/> Weſen, wie ein Lamm! So eine Frau, das iſt<lb/> ein Julepp fuͤr einen Patienten, ein Laxetiv der<lb/> Schmerzen, ein Vometiv der Grillen, kurz, ein<lb/> wahres <hi rendition="#aq"><choice><sic>uneverſalum</sic><corr>univerſalum</corr></choice></hi>, wie die Goldtinktur.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Sie reden ja von ihr, wie ein<lb/> Verliebter!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0081]
Die Erbſchleicher.
Thuͤr ſtehen ſehen. — Was meynen Sie,
Juſtinchen? Soll ich einen Kuppelpelz ver-
dienen?
Juſtine (verdrüßlich.) Davon laͤßt ſich ſprechen.
Hier im Hauſe bleib’ ich keinen Tag laͤnger.
Piſtorius. Warum?
Juſtine. Man dient doch nicht gern zuruͤck.
Piſtorius (zuverſichtlich.) O, Sie ſollen in
Stand und Wuͤrden bleiben. Ich bin gut fuͤr
die junge Frau.
Juſtine (verwundert.) Sie?
Piſtorius. Wie man fuͤr euch gut ſeyn
kann. — Es iſt ein ſtilles, ſittſames, eingezoge-
nes Maͤdchen.
Juſtine. Von außen.
Piſtorius (mit Feuer.) Und von innen. Sie
hat ein Herz ſo weich, wie Roſenhonig. Aber
Mutterwitz, Mutterwitz dabey. Sie iſt fein,
wie Spiritus vinum. Und doch im Thun und
Weſen, wie ein Lamm! So eine Frau, das iſt
ein Julepp fuͤr einen Patienten, ein Laxetiv der
Schmerzen, ein Vometiv der Grillen, kurz, ein
wahres univerſalum, wie die Goldtinktur.
Juſtine. Sie reden ja von ihr, wie ein
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