Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Gerhard (zu Weinhold.) Er hat noch die Stir- ne, sich unter uns sehen zu lassen? Weinhold (bleibt in der Mitte des Theaters ste- hen.) Ich habe nur ein Wort mit Vetter Stern- berg zu sprechen. Sternberg (zu ihm gehend.) Mit mir? Weinhold. Hier ist ein Blanket, das Herr Gerhard heute einem Charlatan ausgestellt hat -- (Entfaltet das Papier.) Unterzeichnet! Besie- gelt! Blanket ohne Fehl und Tadel! Ein Ande- rer hätte sich daraus einen Wechsel auf ihn fabri- zirt -- Ich stell' es Ihnen zu. Sternberg (zu Gerhard.) Liebster Vater, die- ser Zug des jungen Mannes -- verzeihn Sie auch ihm! Weinhold (zu Gerhard.) Hören Sie's, Herr Vetter? -- Pardon! Gerhard. Dort liegen hundert Louisd'ors. Streich Er sie ein! Weinhold (mit ausschweifender Freude.) Ein- streichen! Wer? ich? (Geht zum Tische.) O, ihr allerliebsten Dinger! seyd ihr mein? (Indem er sie in seinen Hut einstreicht.) So reich bin ich in mei- nem Leben nicht gewesen. Jetzt kann ich alle Die Erbſchleicher. Gerhard (zu Weinhold.) Er hat noch die Stir- ne, ſich unter uns ſehen zu laſſen? Weinhold (bleibt in der Mitte des Theaters ſte- hen.) Ich habe nur ein Wort mit Vetter Stern- berg zu ſprechen. Sternberg (zu ihm gehend.) Mit mir? Weinhold. Hier iſt ein Blanket, das Herr Gerhard heute einem Charlatan ausgeſtellt hat — (Entfaltet das Papier.) Unterzeichnet! Beſie- gelt! Blanket ohne Fehl und Tadel! Ein Ande- rer haͤtte ſich daraus einen Wechſel auf ihn fabri- zirt — Ich ſtell’ es Ihnen zu. Sternberg (zu Gerhard.) Liebſter Vater, die- ſer Zug des jungen Mannes — verzeihn Sie auch ihm! Weinhold (zu Gerhard.) Hoͤren Sie’s, Herr Vetter? — Pardon! Gerhard. Dort liegen hundert Louisd’ors. Streich Er ſie ein! Weinhold (mit ausſchweifender Freude.) Ein- ſtreichen! Wer? ich? (Geht zum Tiſche.) O, ihr allerliebſten Dinger! ſeyd ihr mein? (Indem er ſie in ſeinen Hut einſtreicht.) So reich bin ich in mei- nem Leben nicht geweſen. Jetzt kann ich alle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0228" n="222"/> <fw place="top" type="header">Die Erbſchleicher.</fw><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker> <stage>(zu Weinhold.)</stage> <p>Er hat noch die Stir-<lb/> ne, ſich unter uns ſehen zu laſſen?</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold</hi> </speaker> <stage>(bleibt in der Mitte des Theaters ſte-<lb/> hen.)</stage> <p>Ich habe nur ein Wort mit Vetter Stern-<lb/> berg zu ſprechen.</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg</hi> </speaker> <stage>(zu ihm gehend.)</stage> <p>Mit mir?</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker> <p>Hier iſt ein Blanket, das Herr<lb/> Gerhard heute einem Charlatan ausgeſtellt hat<lb/> —</p> <stage>(Entfaltet das Papier.)</stage> <p>Unterzeichnet! Beſie-<lb/> gelt! Blanket ohne Fehl und Tadel! Ein Ande-<lb/> rer haͤtte ſich daraus einen Wechſel auf ihn fabri-<lb/> zirt — <hi rendition="#g">Ich</hi> ſtell’ es Ihnen zu.</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg</hi> </speaker> <stage>(zu Gerhard.)</stage> <p>Liebſter Vater, die-<lb/> ſer Zug des jungen Mannes — verzeihn Sie<lb/> auch ihm!</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold</hi> </speaker> <stage>(zu Gerhard.)</stage> <p>Hoͤren Sie’s, Herr<lb/> Vetter? — Pardon!</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Dort liegen hundert Louisd’ors.<lb/> Streich Er ſie ein!</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold</hi> </speaker> <stage>(mit ausſchweifender Freude.)</stage> <p>Ein-<lb/> ſtreichen! Wer? ich?</p> <stage>(Geht zum Tiſche.)</stage> <p>O, ihr<lb/> allerliebſten Dinger! ſeyd ihr mein?</p> <stage>(Indem er ſie<lb/> in ſeinen Hut einſtreicht.)</stage> <p>So reich bin ich in mei-<lb/> nem Leben nicht geweſen. Jetzt kann ich alle<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0228]
Die Erbſchleicher.
Gerhard (zu Weinhold.) Er hat noch die Stir-
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Weinhold (bleibt in der Mitte des Theaters ſte-
hen.) Ich habe nur ein Wort mit Vetter Stern-
berg zu ſprechen.
Sternberg (zu ihm gehend.) Mit mir?
Weinhold. Hier iſt ein Blanket, das Herr
Gerhard heute einem Charlatan ausgeſtellt hat
— (Entfaltet das Papier.) Unterzeichnet! Beſie-
gelt! Blanket ohne Fehl und Tadel! Ein Ande-
rer haͤtte ſich daraus einen Wechſel auf ihn fabri-
zirt — Ich ſtell’ es Ihnen zu.
Sternberg (zu Gerhard.) Liebſter Vater, die-
ſer Zug des jungen Mannes — verzeihn Sie
auch ihm!
Weinhold (zu Gerhard.) Hoͤren Sie’s, Herr
Vetter? — Pardon!
Gerhard. Dort liegen hundert Louisd’ors.
Streich Er ſie ein!
Weinhold (mit ausſchweifender Freude.) Ein-
ſtreichen! Wer? ich? (Geht zum Tiſche.) O, ihr
allerliebſten Dinger! ſeyd ihr mein? (Indem er ſie
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nem Leben nicht geweſen. Jetzt kann ich alle
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