Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Erbschleicher.
sich in sein Herz einzunisten, mußten sie freylich
damit anfangen, dich heraus zu beißen.
Sternberg. Laß sie mir auch Vergehungen
angedichtet haben, von denen ich nichts weiß! Ge-
nug, daß mich mein Herz Einer Unredlichkeit ge-
gen ihn anklagt. Das Uebrige bedarf keiner Un-
tersuchung.
Justine. Strenger Moralist!
Sternberg (hitzig.) O, ich will mich nicht
mehr von Weibern lenken lassen. Sie machen
sich gar zu gern ihre eigene Moral.
Justine. Die deinige schmeckt auch zu sehr
nach dem Katheder. -- Zu was für einem un-
verantwortlichen Schritte haben sie dich denn ver-
leitet, die bösen Weiber?
Sternberg. Sprich selbst! war ich ein Haar
besser, als die Korsaren, die den Vetter jetzt um-
ringt halten? Ging ich weniger auf Raub aus,
als sie?
Justine. Schäme dich der Vergleichung!
Sternberg. Der ganze Unterschied ist der,
daß Wittwe Ungewitter und ihr Spießgeselle sich
plumper bey der Sache benehmen. Aber vielleicht
gelangen sie um so eher zu ihrem Zwecke.
Justine. Das verhüte der Himmel!
K 2
Die Erbſchleicher.
ſich in ſein Herz einzuniſten, mußten ſie freylich
damit anfangen, dich heraus zu beißen.
Sternberg. Laß ſie mir auch Vergehungen
angedichtet haben, von denen ich nichts weiß! Ge-
nug, daß mich mein Herz Einer Unredlichkeit ge-
gen ihn anklagt. Das Uebrige bedarf keiner Un-
terſuchung.
Juſtine. Strenger Moraliſt!
Sternberg (hitzig.) O, ich will mich nicht
mehr von Weibern lenken laſſen. Sie machen
ſich gar zu gern ihre eigene Moral.
Juſtine. Die deinige ſchmeckt auch zu ſehr
nach dem Katheder. — Zu was fuͤr einem un-
verantwortlichen Schritte haben ſie dich denn ver-
leitet, die boͤſen Weiber?
Sternberg. Sprich ſelbſt! war ich ein Haar
beſſer, als die Korſaren, die den Vetter jetzt um-
ringt halten? Ging ich weniger auf Raub aus,
als ſie?
Juſtine. Schaͤme dich der Vergleichung!
Sternberg. Der ganze Unterſchied iſt der,
daß Wittwe Ungewitter und ihr Spießgeſelle ſich
plumper bey der Sache benehmen. Aber vielleicht
gelangen ſie um ſo eher zu ihrem Zwecke.
Juſtine. Das verhuͤte der Himmel!
K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#JUS">
            <p><pb facs="#f0153" n="147"/><fw place="top" type="header">Die Erb&#x017F;chleicher.</fw><lb/>
&#x017F;ich in &#x017F;ein Herz einzuni&#x017F;ten, mußten &#x017F;ie freylich<lb/>
damit anfangen, dich heraus zu beißen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker>
            <p>Laß &#x017F;ie mir auch Vergehungen<lb/>
angedichtet haben, von denen ich nichts weiß! Ge-<lb/>
nug, daß mich mein Herz Einer Unredlichkeit ge-<lb/>
gen ihn anklagt. Das Uebrige bedarf keiner Un-<lb/>
ter&#x017F;uchung.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>Strenger Morali&#x017F;t!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg</hi> </speaker>
            <stage>(hitzig.)</stage>
            <p>O, ich will mich nicht<lb/>
mehr von Weibern lenken la&#x017F;&#x017F;en. Sie machen<lb/>
&#x017F;ich gar zu gern ihre eigene Moral.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>Die deinige &#x017F;chmeckt auch zu &#x017F;ehr<lb/>
nach dem Katheder. &#x2014; Zu was fu&#x0364;r einem un-<lb/>
verantwortlichen Schritte haben &#x017F;ie dich denn ver-<lb/>
leitet, die bo&#x0364;&#x017F;en Weiber?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker>
            <p>Sprich &#x017F;elb&#x017F;t! war ich ein Haar<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er, als die Kor&#x017F;aren, die den Vetter jetzt um-<lb/>
ringt halten? Ging ich weniger auf Raub aus,<lb/>
als &#x017F;ie?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>Scha&#x0364;me dich der Vergleichung!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STE">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker>
            <p>Der ganze Unter&#x017F;chied i&#x017F;t der,<lb/>
daß Wittwe Ungewitter und ihr Spießge&#x017F;elle &#x017F;ich<lb/>
plumper bey der Sache benehmen. Aber vielleicht<lb/>
gelangen &#x017F;ie um &#x017F;o eher zu ihrem Zwecke.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>Das verhu&#x0364;te der Himmel!</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0153] Die Erbſchleicher. ſich in ſein Herz einzuniſten, mußten ſie freylich damit anfangen, dich heraus zu beißen. Sternberg. Laß ſie mir auch Vergehungen angedichtet haben, von denen ich nichts weiß! Ge- nug, daß mich mein Herz Einer Unredlichkeit ge- gen ihn anklagt. Das Uebrige bedarf keiner Un- terſuchung. Juſtine. Strenger Moraliſt! Sternberg (hitzig.) O, ich will mich nicht mehr von Weibern lenken laſſen. Sie machen ſich gar zu gern ihre eigene Moral. Juſtine. Die deinige ſchmeckt auch zu ſehr nach dem Katheder. — Zu was fuͤr einem un- verantwortlichen Schritte haben ſie dich denn ver- leitet, die boͤſen Weiber? Sternberg. Sprich ſelbſt! war ich ein Haar beſſer, als die Korſaren, die den Vetter jetzt um- ringt halten? Ging ich weniger auf Raub aus, als ſie? Juſtine. Schaͤme dich der Vergleichung! Sternberg. Der ganze Unterſchied iſt der, daß Wittwe Ungewitter und ihr Spießgeſelle ſich plumper bey der Sache benehmen. Aber vielleicht gelangen ſie um ſo eher zu ihrem Zwecke. Juſtine. Das verhuͤte der Himmel! K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/153
Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/153>, abgerufen am 24.11.2024.