Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Kellner! -- Komm ich aber ins Schräge, lieber Bruder, du sorgst für einen Wagen, daß wir zusammen nach Hause kommen. Sei außer Sorge deßhalb. Wenn ich erst weiß, wo wir wohnen -- -- Wie bekamst du das Hinken? Das wolltest du mir erzählen vorhin -- -- Wart nur ein wenig, erst muß ich gegessen haben. Er aß, trank seinen Rum dazu aus, forderte noch ein Glas und stand auf. Geheimnißvoll blickte er um sich, zeigte nach dem Ende des Gartens und winkte seinem Gefährten, ihm dorthin zu folgen. Mit dem ersten Schritte gerieth er ins Schwanken und mußte sich des Arms seines Freundes als Stütze bedienen. Das kommt vom leeren Magen, lieber Bruder, mir wird aber schon besser, nun ich gegessen habe. Untergefaßt schritten sie in den entlegensten Theil des Gartens. Dort setzten sie sich am Rande des Hügels, der hier, steil abschüssig in dunkle Nacht hinuntergehend, mit einem morschen Gitter eingefaßt war. Hier behorcht uns kein Mensch, sagte der Alte -- aber -- und dabei schaute er, wie ergriffen von einem plötzlichen Schreck, über das Gitter in die Tiefe hinab -- ist das der Fluß, der hier unten vorbeigeht? Der Fluß geht auf der andern Seite. -- -- Ho, er geht auf drei Seiten um diesen Hügel; aber -- ein unwillkürliches Grauen rüttelte an seiner bisherigen Frechheit und Festigkeit, als er das Folgende Kellner! — Komm ich aber ins Schräge, lieber Bruder, du sorgst für einen Wagen, daß wir zusammen nach Hause kommen. Sei außer Sorge deßhalb. Wenn ich erst weiß, wo wir wohnen — — Wie bekamst du das Hinken? Das wolltest du mir erzählen vorhin — — Wart nur ein wenig, erst muß ich gegessen haben. Er aß, trank seinen Rum dazu aus, forderte noch ein Glas und stand auf. Geheimnißvoll blickte er um sich, zeigte nach dem Ende des Gartens und winkte seinem Gefährten, ihm dorthin zu folgen. Mit dem ersten Schritte gerieth er ins Schwanken und mußte sich des Arms seines Freundes als Stütze bedienen. Das kommt vom leeren Magen, lieber Bruder, mir wird aber schon besser, nun ich gegessen habe. Untergefaßt schritten sie in den entlegensten Theil des Gartens. Dort setzten sie sich am Rande des Hügels, der hier, steil abschüssig in dunkle Nacht hinuntergehend, mit einem morschen Gitter eingefaßt war. Hier behorcht uns kein Mensch, sagte der Alte — aber — und dabei schaute er, wie ergriffen von einem plötzlichen Schreck, über das Gitter in die Tiefe hinab — ist das der Fluß, der hier unten vorbeigeht? Der Fluß geht auf der andern Seite. — — Ho, er geht auf drei Seiten um diesen Hügel; aber — ein unwillkürliches Grauen rüttelte an seiner bisherigen Frechheit und Festigkeit, als er das Folgende <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0026"/> Kellner! — Komm ich aber ins Schräge, lieber Bruder, du sorgst für einen Wagen, daß wir zusammen nach Hause kommen.</p><lb/> <p>Sei außer Sorge deßhalb.</p><lb/> <p>Wenn ich erst weiß, wo wir wohnen — —</p><lb/> <p>Wie bekamst du das Hinken? Das wolltest du mir erzählen vorhin — —</p><lb/> <p>Wart nur ein wenig, erst muß ich gegessen haben.</p><lb/> <p>Er aß, trank seinen Rum dazu aus, forderte noch ein Glas und stand auf. Geheimnißvoll blickte er um sich, zeigte nach dem Ende des Gartens und winkte seinem Gefährten, ihm dorthin zu folgen. Mit dem ersten Schritte gerieth er ins Schwanken und mußte sich des Arms seines Freundes als Stütze bedienen.</p><lb/> <p>Das kommt vom leeren Magen, lieber Bruder, mir wird aber schon besser, nun ich gegessen habe.</p><lb/> <p>Untergefaßt schritten sie in den entlegensten Theil des Gartens. Dort setzten sie sich am Rande des Hügels, der hier, steil abschüssig in dunkle Nacht hinuntergehend, mit einem morschen Gitter eingefaßt war.</p><lb/> <p>Hier behorcht uns kein Mensch, sagte der Alte — aber — und dabei schaute er, wie ergriffen von einem plötzlichen Schreck, über das Gitter in die Tiefe hinab — ist das der Fluß, der hier unten vorbeigeht?</p><lb/> <p>Der Fluß geht auf der andern Seite. — — </p><lb/> <p>Ho, er geht auf drei Seiten um diesen Hügel; aber — ein unwillkürliches Grauen rüttelte an seiner bisherigen Frechheit und Festigkeit, als er das Folgende<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0026]
Kellner! — Komm ich aber ins Schräge, lieber Bruder, du sorgst für einen Wagen, daß wir zusammen nach Hause kommen.
Sei außer Sorge deßhalb.
Wenn ich erst weiß, wo wir wohnen — —
Wie bekamst du das Hinken? Das wolltest du mir erzählen vorhin — —
Wart nur ein wenig, erst muß ich gegessen haben.
Er aß, trank seinen Rum dazu aus, forderte noch ein Glas und stand auf. Geheimnißvoll blickte er um sich, zeigte nach dem Ende des Gartens und winkte seinem Gefährten, ihm dorthin zu folgen. Mit dem ersten Schritte gerieth er ins Schwanken und mußte sich des Arms seines Freundes als Stütze bedienen.
Das kommt vom leeren Magen, lieber Bruder, mir wird aber schon besser, nun ich gegessen habe.
Untergefaßt schritten sie in den entlegensten Theil des Gartens. Dort setzten sie sich am Rande des Hügels, der hier, steil abschüssig in dunkle Nacht hinuntergehend, mit einem morschen Gitter eingefaßt war.
Hier behorcht uns kein Mensch, sagte der Alte — aber — und dabei schaute er, wie ergriffen von einem plötzlichen Schreck, über das Gitter in die Tiefe hinab — ist das der Fluß, der hier unten vorbeigeht?
Der Fluß geht auf der andern Seite. — —
Ho, er geht auf drei Seiten um diesen Hügel; aber — ein unwillkürliches Grauen rüttelte an seiner bisherigen Frechheit und Festigkeit, als er das Folgende
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Zitationshilfe: | Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_wiedersehen_1910/26>, abgerufen am 16.07.2024. |