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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

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er auch ein Wagehals gegen sich selbst, und
begab sich muthwillig in Gefahr. Da wollte
er nun einmal im Winter das Eis vor den
Mühlrädern losmachen, und trat auf ein
glattes Bret. Rutsch! war er herunter, und
kam unter die Räder, mit zerbrochenen Armen
und Beinen aber wieder heraus. Kaum hatte
er das Leben behalten.

Das war erst eins. Der viele Mehlstaub
und das Brannteweinsaufen mochte seinen
Augen geschadet haben. Kurz, er wurde in
seinen besten Jahren mit beyden Augen blind,
und dazu ein elender Krüppel.

Da gieng er in sich, und bereuete seine
Jugendsünden. Wenn nun ein Lahmer oder
Blinder kam, so dachte er mit Schrecken an
die Stellen, wo er diese sonst so oft gemißhan-
delt, und so grausam mit ihnen umgegangen
war. Ach! rief er oft voll Verzweiflung aus,
das hab' ich an euch verdient, daß ich krumm

und

er auch ein Wagehals gegen ſich ſelbſt, und
begab ſich muthwillig in Gefahr. Da wollte
er nun einmal im Winter das Eis vor den
Muͤhlraͤdern losmachen, und trat auf ein
glattes Bret. Rutſch! war er herunter, und
kam unter die Raͤder, mit zerbrochenen Armen
und Beinen aber wieder heraus. Kaum hatte
er das Leben behalten.

Das war erſt eins. Der viele Mehlſtaub
und das Brannteweinſaufen mochte ſeinen
Augen geſchadet haben. Kurz, er wurde in
ſeinen beſten Jahren mit beyden Augen blind,
und dazu ein elender Kruͤppel.

Da gieng er in ſich, und bereuete ſeine
Jugendſuͤnden. Wenn nun ein Lahmer oder
Blinder kam, ſo dachte er mit Schrecken an
die Stellen, wo er dieſe ſonſt ſo oft gemißhan-
delt, und ſo grauſam mit ihnen umgegangen
war. Ach! rief er oft voll Verzweiflung aus,
das hab’ ich an euch verdient, daß ich krumm

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[276/0298] er auch ein Wagehals gegen ſich ſelbſt, und begab ſich muthwillig in Gefahr. Da wollte er nun einmal im Winter das Eis vor den Muͤhlraͤdern losmachen, und trat auf ein glattes Bret. Rutſch! war er herunter, und kam unter die Raͤder, mit zerbrochenen Armen und Beinen aber wieder heraus. Kaum hatte er das Leben behalten. Das war erſt eins. Der viele Mehlſtaub und das Brannteweinſaufen mochte ſeinen Augen geſchadet haben. Kurz, er wurde in ſeinen beſten Jahren mit beyden Augen blind, und dazu ein elender Kruͤppel. Da gieng er in ſich, und bereuete ſeine Jugendſuͤnden. Wenn nun ein Lahmer oder Blinder kam, ſo dachte er mit Schrecken an die Stellen, wo er dieſe ſonſt ſo oft gemißhan- delt, und ſo grauſam mit ihnen umgegangen war. Ach! rief er oft voll Verzweiflung aus, das hab’ ich an euch verdient, daß ich krumm und

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/298>, abgerufen am 23.11.2024.