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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

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Ich bin nicht böse auf dich, wenn du mich
auch einen Atheisten nennest. Wenn du mir
da im Flusse ein Tröpfchen Blut zeigen kannst,
so will ich dir glauben, daß der liebe Gott
das Wasser in Blut verwandelt habe. Komm!
komm! Du mußt mit. Sie wollte erst nicht;
aber die andern schoben sie fort. Da lachten
die Kinder, und sprangen vorweg. Und der
Haufe zog nach.

Als sie an den Fluß kamen, lief das Was-
ser klar und rein dahin, und es war kein
rothes Tröpfchen zu sehen. "Was sagst du
nun, alte Mutter? Weise mir doch das Blut!"
Ja! rief sie, der liebe Gott will uns nicht auf
einmal verderben. "Aber, wenn er strafen
wollte, so müßte er doch dieß Wasser im Flusse
am ersten in Blut verwandelt haben. Denn
das brauchen wir zum Kochen und Brauen,
das andere aber nicht. Das ist faul und
unrein."

Die

Ich bin nicht boͤſe auf dich, wenn du mich
auch einen Atheiſten nenneſt. Wenn du mir
da im Fluſſe ein Troͤpfchen Blut zeigen kannſt,
ſo will ich dir glauben, daß der liebe Gott
das Waſſer in Blut verwandelt habe. Komm!
komm! Du mußt mit. Sie wollte erſt nicht;
aber die andern ſchoben ſie fort. Da lachten
die Kinder, und ſprangen vorweg. Und der
Haufe zog nach.

Als ſie an den Fluß kamen, lief das Waſ-
ſer klar und rein dahin, und es war kein
rothes Troͤpfchen zu ſehen. „Was ſagſt du
nun, alte Mutter? Weiſe mir doch das Blut!“
Ja! rief ſie, der liebe Gott will uns nicht auf
einmal verderben. „Aber, wenn er ſtrafen
wollte, ſo muͤßte er doch dieß Waſſer im Fluſſe
am erſten in Blut verwandelt haben. Denn
das brauchen wir zum Kochen und Brauen,
das andere aber nicht. Das iſt faul und
unrein.“

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[262/0284] Ich bin nicht boͤſe auf dich, wenn du mich auch einen Atheiſten nenneſt. Wenn du mir da im Fluſſe ein Troͤpfchen Blut zeigen kannſt, ſo will ich dir glauben, daß der liebe Gott das Waſſer in Blut verwandelt habe. Komm! komm! Du mußt mit. Sie wollte erſt nicht; aber die andern ſchoben ſie fort. Da lachten die Kinder, und ſprangen vorweg. Und der Haufe zog nach. Als ſie an den Fluß kamen, lief das Waſ- ſer klar und rein dahin, und es war kein rothes Troͤpfchen zu ſehen. „Was ſagſt du nun, alte Mutter? Weiſe mir doch das Blut!“ Ja! rief ſie, der liebe Gott will uns nicht auf einmal verderben. „Aber, wenn er ſtrafen wollte, ſo muͤßte er doch dieß Waſſer im Fluſſe am erſten in Blut verwandelt haben. Denn das brauchen wir zum Kochen und Brauen, das andere aber nicht. Das iſt faul und unrein.“ Die

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/284>, abgerufen am 24.11.2024.