sie denn damit? Das darf ich nicht thun. "O gieb her. Geschwind, ehe der arme Mann weggeht. Ich bitte dich gar zu sehr, gieb her. Ich könnte sonst diesen Abend nichts essen. Du solltest seine Noth nur wissen. Du gäbest ihm selbst was. Denke nur: sechs Kin- der an den Pocken, und kein Brod!"
Als ihm Cathrine die acht Groschen gab, und es vorkam, sahe ich wohl, daß es ängst- lich war, und rothe Augen hatte. Ich be- kümmerte mich aber nicht weiter drum. Der Mann war auch schon weg. Da läuft es geschwind nach der Hinterthür im Garten, ruft ihn zurück, und giebt ihm die acht Gro- schen für seine kranken Kinder.
So hab' ichs nachher alles von Cathrinen erfahren. Es fragte zwar bisher oft, ob ich nicht bald vor den Schrank gienge, wo seine Sparbüchse stünde. Warum? sagte ich. Da schwieg es stille. Indessen hab' ich Cathrinen
die
ſie denn damit? Das darf ich nicht thun. „O gieb her. Geſchwind, ehe der arme Mann weggeht. Ich bitte dich gar zu ſehr, gieb her. Ich koͤnnte ſonſt dieſen Abend nichts eſſen. Du ſollteſt ſeine Noth nur wiſſen. Du gaͤbeſt ihm ſelbſt was. Denke nur: ſechs Kin- der an den Pocken, und kein Brod!“
Als ihm Cathrine die acht Groſchen gab, und es vorkam, ſahe ich wohl, daß es aͤngſt- lich war, und rothe Augen hatte. Ich be- kuͤmmerte mich aber nicht weiter drum. Der Mann war auch ſchon weg. Da laͤuft es geſchwind nach der Hinterthuͤr im Garten, ruft ihn zuruͤck, und giebt ihm die acht Gro- ſchen fuͤr ſeine kranken Kinder.
So hab’ ichs nachher alles von Cathrinen erfahren. Es fragte zwar bisher oft, ob ich nicht bald vor den Schrank gienge, wo ſeine Sparbuͤchſe ſtuͤnde. Warum? ſagte ich. Da ſchwieg es ſtille. Indeſſen hab’ ich Cathrinen
die
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ſie denn damit? Das darf ich nicht thun.
„O gieb her. Geſchwind, ehe der arme Mann
weggeht. Ich bitte dich gar zu ſehr, gieb
her. Ich koͤnnte ſonſt dieſen Abend nichts
eſſen. Du ſollteſt ſeine Noth nur wiſſen. Du
gaͤbeſt ihm ſelbſt was. Denke nur: ſechs Kin-
der an den Pocken, und kein Brod!“
Als ihm Cathrine die acht Groſchen gab,
und es vorkam, ſahe ich wohl, daß es aͤngſt-
lich war, und rothe Augen hatte. Ich be-
kuͤmmerte mich aber nicht weiter drum. Der
Mann war auch ſchon weg. Da laͤuft es
geſchwind nach der Hinterthuͤr im Garten,
ruft ihn zuruͤck, und giebt ihm die acht Gro-
ſchen fuͤr ſeine kranken Kinder.
So hab’ ichs nachher alles von Cathrinen
erfahren. Es fragte zwar bisher oft, ob ich
nicht bald vor den Schrank gienge, wo ſeine
Sparbuͤchſe ſtuͤnde. Warum? ſagte ich. Da
ſchwieg es ſtille. Indeſſen hab’ ich Cathrinen
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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/156>, abgerufen am 22.11.2024.
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