Lieber Vater, sagte Dorchen, ich kann Ih- nen nicht genug danken, daß sie mir mei- nen Eigensinn abgewöhnt haben. Wie ru- hig, wie vergnügt kann ich leben, wenn ich alles thue, was meine lieben Aeltern haben wollen! Ich weiß, daß sie nichts anders ha- ben wollen, als was mir gut ist. Wollen Sie mir des Abends nichts mehr zu essen ge- ben, so schlafe ich desto besser. Soll ich nicht ausgehen, oder das nicht haben, wor- aus ich mir eine Freude machte; so müssen sie dazu ihre Ursachen haben. Ich erfahre es auch oft genug, daß es mir gut gewe- sen, daß ich dieß oder jenes nicht bekam, was ich haben wollte. Ich frage auch nun gar nicht mehr, warum? denn ich weiß, es
ist
Q 5
LI. Fortſetzung des 50ſten Stuͤcks.
Lieber Vater, ſagte Dorchen, ich kann Ih- nen nicht genug danken, daß ſie mir mei- nen Eigenſinn abgewoͤhnt haben. Wie ru- hig, wie vergnuͤgt kann ich leben, wenn ich alles thue, was meine lieben Aeltern haben wollen! Ich weiß, daß ſie nichts anders ha- ben wollen, als was mir gut iſt. Wollen Sie mir des Abends nichts mehr zu eſſen ge- ben, ſo ſchlafe ich deſto beſſer. Soll ich nicht ausgehen, oder das nicht haben, wor- aus ich mir eine Freude machte; ſo muͤſſen ſie dazu ihre Urſachen haben. Ich erfahre es auch oft genug, daß es mir gut gewe- ſen, daß ich dieß oder jenes nicht bekam, was ich haben wollte. Ich frage auch nun gar nicht mehr, warum? denn ich weiß, es
iſt
Q 5
<TEI><text><body><pbfacs="#f0271"n="249"/><divn="1"><head><hirendition="#aq">LI.</hi><lb/>
Fortſetzung des 50ſten Stuͤcks.</head><lb/><p><hirendition="#in">L</hi>ieber Vater, ſagte Dorchen, ich kann Ih-<lb/>
nen nicht genug danken, daß ſie mir mei-<lb/>
nen Eigenſinn abgewoͤhnt haben. Wie ru-<lb/>
hig, wie vergnuͤgt kann ich leben, wenn ich<lb/>
alles thue, was meine lieben Aeltern haben<lb/>
wollen! Ich weiß, daß ſie nichts anders ha-<lb/>
ben wollen, als was mir gut iſt. Wollen<lb/>
Sie mir des Abends nichts mehr zu eſſen ge-<lb/>
ben, ſo ſchlafe ich deſto beſſer. Soll ich<lb/>
nicht ausgehen, oder das nicht haben, wor-<lb/>
aus ich mir eine Freude machte; ſo muͤſſen<lb/>ſie dazu ihre Urſachen haben. Ich erfahre<lb/>
es auch oft genug, daß es mir gut gewe-<lb/>ſen, daß ich dieß oder jenes nicht bekam,<lb/>
was ich haben wollte. Ich frage auch nun<lb/>
gar nicht mehr, warum? denn ich weiß, es<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">iſt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[249/0271]
LI.
Fortſetzung des 50ſten Stuͤcks.
Lieber Vater, ſagte Dorchen, ich kann Ih-
nen nicht genug danken, daß ſie mir mei-
nen Eigenſinn abgewoͤhnt haben. Wie ru-
hig, wie vergnuͤgt kann ich leben, wenn ich
alles thue, was meine lieben Aeltern haben
wollen! Ich weiß, daß ſie nichts anders ha-
ben wollen, als was mir gut iſt. Wollen
Sie mir des Abends nichts mehr zu eſſen ge-
ben, ſo ſchlafe ich deſto beſſer. Soll ich
nicht ausgehen, oder das nicht haben, wor-
aus ich mir eine Freude machte; ſo muͤſſen
ſie dazu ihre Urſachen haben. Ich erfahre
es auch oft genug, daß es mir gut gewe-
ſen, daß ich dieß oder jenes nicht bekam,
was ich haben wollte. Ich frage auch nun
gar nicht mehr, warum? denn ich weiß, es
iſt
Q 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/271>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.