Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
XXI.
Das vorschreibende Kind.

Es ist nichts unangenehmer, als wenn
man in einer Gesellschaft am Tische ist,
wo die Kinder nichts thun als vorschreiben.
Mutter, mir noch Suppe. Mutter, mir
noch Brod; mir noch Braten; mir noch Bir-
nen. So gieng das beständig, daß man
sein eigen Wort nicht hören konnte. Kinder
müssen gar nicht vorschreiben, sondern war-
ten, bis sie das Ihrige bekommen. Die Ael-
tern ärgern sich oft am Tische darüber, und
sind doch selber Schuld, daß die Kinder so
vorschreiben, und gleichsam über sie herrschen,
daß sie sich selbst oft nicht helfen können, und
vor den Fremden schämen müssen.

O wie artig und bescheiden ist dagegen
Dorchen! Sobald es seine Aeltern mit an
den Tisch nahmen, war das die erste Regel:

wer
XXI.
Das vorſchreibende Kind.

Es iſt nichts unangenehmer, als wenn
man in einer Geſellſchaft am Tiſche iſt,
wo die Kinder nichts thun als vorſchreiben.
Mutter, mir noch Suppe. Mutter, mir
noch Brod; mir noch Braten; mir noch Bir-
nen. So gieng das beſtaͤndig, daß man
ſein eigen Wort nicht hoͤren konnte. Kinder
muͤſſen gar nicht vorſchreiben, ſondern war-
ten, bis ſie das Ihrige bekommen. Die Ael-
tern aͤrgern ſich oft am Tiſche daruͤber, und
ſind doch ſelber Schuld, daß die Kinder ſo
vorſchreiben, und gleichſam uͤber ſie herrſchen,
daß ſie ſich ſelbſt oft nicht helfen koͤnnen, und
vor den Fremden ſchaͤmen muͤſſen.

O wie artig und beſcheiden iſt dagegen
Dorchen! Sobald es ſeine Aeltern mit an
den Tiſch nahmen, war das die erſte Regel:

wer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0113" n="91"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq">XXI.</hi><lb/>
Das vor&#x017F;chreibende Kind.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s i&#x017F;t nichts unangenehmer, als wenn<lb/>
man in einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft am Ti&#x017F;che i&#x017F;t,<lb/>
wo die Kinder nichts thun als vor&#x017F;chreiben.<lb/>
Mutter, mir noch Suppe. Mutter, mir<lb/>
noch Brod; mir noch Braten; mir noch Bir-<lb/>
nen. So gieng das be&#x017F;ta&#x0364;ndig, daß man<lb/>
&#x017F;ein eigen Wort nicht ho&#x0364;ren konnte. Kinder<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gar nicht vor&#x017F;chreiben, &#x017F;ondern war-<lb/>
ten, bis &#x017F;ie das Ihrige bekommen. Die Ael-<lb/>
tern a&#x0364;rgern &#x017F;ich oft am Ti&#x017F;che daru&#x0364;ber, und<lb/>
&#x017F;ind doch &#x017F;elber Schuld, daß die Kinder &#x017F;o<lb/>
vor&#x017F;chreiben, und gleich&#x017F;am u&#x0364;ber &#x017F;ie herr&#x017F;chen,<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t oft nicht helfen ko&#x0364;nnen, und<lb/>
vor den Fremden &#x017F;cha&#x0364;men mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>O wie artig und be&#x017F;cheiden i&#x017F;t dagegen<lb/>
Dorchen! Sobald es &#x017F;eine Aeltern mit an<lb/>
den Ti&#x017F;ch nahmen, war das die er&#x017F;te Regel:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wer</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0113] XXI. Das vorſchreibende Kind. Es iſt nichts unangenehmer, als wenn man in einer Geſellſchaft am Tiſche iſt, wo die Kinder nichts thun als vorſchreiben. Mutter, mir noch Suppe. Mutter, mir noch Brod; mir noch Braten; mir noch Bir- nen. So gieng das beſtaͤndig, daß man ſein eigen Wort nicht hoͤren konnte. Kinder muͤſſen gar nicht vorſchreiben, ſondern war- ten, bis ſie das Ihrige bekommen. Die Ael- tern aͤrgern ſich oft am Tiſche daruͤber, und ſind doch ſelber Schuld, daß die Kinder ſo vorſchreiben, und gleichſam uͤber ſie herrſchen, daß ſie ſich ſelbſt oft nicht helfen koͤnnen, und vor den Fremden ſchaͤmen muͤſſen. O wie artig und beſcheiden iſt dagegen Dorchen! Sobald es ſeine Aeltern mit an den Tiſch nahmen, war das die erſte Regel: wer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/113
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/113>, abgerufen am 22.12.2024.