Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
XX.
Das naschige Kind.

Das Naschen war Riekchen so zur Ge-
wohnheit geworden, daß sie es gar
nicht mehr lassen konnte. Woher kam das?
weil sie von allem, was vorkam, und was
sie sahe, etwas haben mußte. Wo sie
gieng und stand, hatte sie die Ficken voll Ro-
sinen, Mandeln und trockener Pflaumen.
Ehe das Mittagsbrod gegessen wurde, quäl-
te sie die Köchin so lange, bis sie ihr was
aus jedem Topfe geben mußte. So oft die
Mutter auf die Vorrathskammer gieng, war
sie hinter her, und benaschte alles, was da
war. Was folgte daraus? sie gewöhnte
sich durchs Naschen das Stehlen an. Wenn
sie zu der Zuckerdose kommen konnte, nahm
sie Zucker heraus, und andere Dinge mehr.
Das gieng so weit, daß das Gesinde vielen

Unwil-
F 5
XX.
Das naſchige Kind.

Das Naſchen war Riekchen ſo zur Ge-
wohnheit geworden, daß ſie es gar
nicht mehr laſſen konnte. Woher kam das?
weil ſie von allem, was vorkam, und was
ſie ſahe, etwas haben mußte. Wo ſie
gieng und ſtand, hatte ſie die Ficken voll Ro-
ſinen, Mandeln und trockener Pflaumen.
Ehe das Mittagsbrod gegeſſen wurde, quaͤl-
te ſie die Koͤchin ſo lange, bis ſie ihr was
aus jedem Topfe geben mußte. So oft die
Mutter auf die Vorrathskammer gieng, war
ſie hinter her, und benaſchte alles, was da
war. Was folgte daraus? ſie gewoͤhnte
ſich durchs Naſchen das Stehlen an. Wenn
ſie zu der Zuckerdoſe kommen konnte, nahm
ſie Zucker heraus, und andere Dinge mehr.
Das gieng ſo weit, daß das Geſinde vielen

Unwil-
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0111" n="89"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq">XX.</hi><lb/>
Das na&#x017F;chige Kind.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>as <hi rendition="#fr">Na&#x017F;chen</hi> war Riekchen &#x017F;o zur Ge-<lb/>
wohnheit geworden, daß &#x017F;ie es gar<lb/>
nicht mehr la&#x017F;&#x017F;en konnte. Woher kam das?<lb/>
weil &#x017F;ie von allem, was vorkam, und was<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ahe, etwas haben mußte. Wo &#x017F;ie<lb/>
gieng und &#x017F;tand, hatte &#x017F;ie die Ficken voll Ro-<lb/>
&#x017F;inen, Mandeln und trockener Pflaumen.<lb/>
Ehe das Mittagsbrod gege&#x017F;&#x017F;en wurde, qua&#x0364;l-<lb/>
te &#x017F;ie die Ko&#x0364;chin &#x017F;o lange, bis &#x017F;ie ihr was<lb/>
aus jedem Topfe geben mußte. So oft die<lb/>
Mutter auf die Vorrathskammer gieng, war<lb/>
&#x017F;ie hinter her, und bena&#x017F;chte alles, was da<lb/>
war. Was folgte daraus? &#x017F;ie gewo&#x0364;hnte<lb/>
&#x017F;ich durchs Na&#x017F;chen das <hi rendition="#fr">Stehlen</hi> an. Wenn<lb/>
&#x017F;ie zu der Zuckerdo&#x017F;e kommen konnte, nahm<lb/>
&#x017F;ie Zucker heraus, und andere Dinge mehr.<lb/>
Das gieng &#x017F;o weit, daß das Ge&#x017F;inde vielen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Unwil-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0111] XX. Das naſchige Kind. Das Naſchen war Riekchen ſo zur Ge- wohnheit geworden, daß ſie es gar nicht mehr laſſen konnte. Woher kam das? weil ſie von allem, was vorkam, und was ſie ſahe, etwas haben mußte. Wo ſie gieng und ſtand, hatte ſie die Ficken voll Ro- ſinen, Mandeln und trockener Pflaumen. Ehe das Mittagsbrod gegeſſen wurde, quaͤl- te ſie die Koͤchin ſo lange, bis ſie ihr was aus jedem Topfe geben mußte. So oft die Mutter auf die Vorrathskammer gieng, war ſie hinter her, und benaſchte alles, was da war. Was folgte daraus? ſie gewoͤhnte ſich durchs Naſchen das Stehlen an. Wenn ſie zu der Zuckerdoſe kommen konnte, nahm ſie Zucker heraus, und andere Dinge mehr. Das gieng ſo weit, daß das Geſinde vielen Unwil- F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/111
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/111>, abgerufen am 18.12.2024.