Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774.te des Bergs. Jhre Stimme ward schwach, eh der Morgen erschien, sie starb weg wie die Abend- luft zwischen dem Grase der Felsen. Beladen mit Jammer starb sie und ließ Armin allein! dahin ist meine Stärke im Krieg, gefallen mein Stolz unter den Mädgen. Wenn die Stürme des Berges kommen, wenn Ein Strohm von Thränen, der aus Lottens te
te des Bergs. Jhre Stimme ward ſchwach, eh der Morgen erſchien, ſie ſtarb weg wie die Abend- luft zwiſchen dem Graſe der Felſen. Beladen mit Jammer ſtarb ſie und ließ Armin allein! dahin iſt meine Staͤrke im Krieg, gefallen mein Stolz unter den Maͤdgen. Wenn die Stuͤrme des Berges kommen, wenn Ein Strohm von Thraͤnen, der aus Lottens te
<TEI> <text> <body> <div type="diaryEntry"> <div> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="205"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> te des Bergs. Jhre Stimme ward ſchwach, eh<lb/> der Morgen erſchien, ſie ſtarb weg wie die Abend-<lb/> luft zwiſchen dem Graſe der Felſen. Beladen mit<lb/> Jammer ſtarb ſie und ließ Armin allein! dahin<lb/> iſt meine Staͤrke im Krieg, gefallen mein Stolz<lb/> unter den Maͤdgen.</p><lb/> <p>Wenn die Stuͤrme des Berges kommen, wenn<lb/> der Nord die Wellen hoch hebt, ſiz ich am ſchal-<lb/> lenden Ufer, ſchaue nach dem ſchroͤklichen Felſen.<lb/> Oft im ſinkenden Mond ſeh ich die Geiſter meiner<lb/> Kinder, halb daͤmmernd, wandeln ſie zuſammen<lb/> in trauriger Eintracht.</p><lb/> <p>Ein Strohm von Thraͤnen, der aus Lottens<lb/> Augen brach und ihrem gepreßten Herzen Luft<lb/> machte, hemmte Werthers Geſang, er warf das<lb/> Papier hin, und faßte ihre Hand und weinte die<lb/> bitterſten Thraͤnen. Lotte ruhte auf der andern<lb/> und verbarg ihre Augen in’s Schnupftuch, die<lb/> Bewegung beyder war fuͤrchterlich. Sie fuͤhlten<lb/> ihr eigenes Elend in dem Schikſal der Edlen,<lb/> fuͤhlten es zuſammen, und ihre Thraͤnen vereinig-<lb/> ten ſie. Die Lippen und Augen Werthers gluͤhten<lb/> an Lottens Arme, ein Schauer uͤberfiel ſie, ſie woll-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">te</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0093]
te des Bergs. Jhre Stimme ward ſchwach, eh
der Morgen erſchien, ſie ſtarb weg wie die Abend-
luft zwiſchen dem Graſe der Felſen. Beladen mit
Jammer ſtarb ſie und ließ Armin allein! dahin
iſt meine Staͤrke im Krieg, gefallen mein Stolz
unter den Maͤdgen.
Wenn die Stuͤrme des Berges kommen, wenn
der Nord die Wellen hoch hebt, ſiz ich am ſchal-
lenden Ufer, ſchaue nach dem ſchroͤklichen Felſen.
Oft im ſinkenden Mond ſeh ich die Geiſter meiner
Kinder, halb daͤmmernd, wandeln ſie zuſammen
in trauriger Eintracht.
Ein Strohm von Thraͤnen, der aus Lottens
Augen brach und ihrem gepreßten Herzen Luft
machte, hemmte Werthers Geſang, er warf das
Papier hin, und faßte ihre Hand und weinte die
bitterſten Thraͤnen. Lotte ruhte auf der andern
und verbarg ihre Augen in’s Schnupftuch, die
Bewegung beyder war fuͤrchterlich. Sie fuͤhlten
ihr eigenes Elend in dem Schikſal der Edlen,
fuͤhlten es zuſammen, und ihre Thraͤnen vereinig-
ten ſie. Die Lippen und Augen Werthers gluͤhten
an Lottens Arme, ein Schauer uͤberfiel ſie, ſie woll-
te
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |