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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774.

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Umsonst strekke ich meine Arme nach ihr aus,
Morgens wenn ich von schweren Träumen auf-
dämmere, vergebens such ich sie Nachts in meinem
Bette, wenn mich ein glüklicher unschuldiger Traum
getäuscht hat, als säß ich neben ihr auf der Wiese,
und hielte ihre Hand und dekte sie mit tausend
Küssen. Ach wenn ich denn noch halb im Tau-
mel des Schlafs nach ihr tappe, und drüber mich
ermuntere -- Ein Strom von Thränen bricht
aus meinem gepreßten Herzen, und ich weine
trostlos einer finstern Zukunft entgegen.




Es ist ein Unglük, Wilhelm! all meine thätigen
Kräfte sind zu einer unruhigen Lässigkeit ver-
stimmt, ich kann nicht müssig seyn und wieder kann
ich nichts thun. Jch hab keine Vorstellungskraft,

kein





Umſonſt ſtrekke ich meine Arme nach ihr aus,
Morgens wenn ich von ſchweren Traͤumen auf-
daͤmmere, vergebens ſuch ich ſie Nachts in meinem
Bette, wenn mich ein gluͤklicher unſchuldiger Traum
getaͤuſcht hat, als ſaͤß ich neben ihr auf der Wieſe,
und hielte ihre Hand und dekte ſie mit tauſend
Kuͤſſen. Ach wenn ich denn noch halb im Tau-
mel des Schlafs nach ihr tappe, und druͤber mich
ermuntere — Ein Strom von Thraͤnen bricht
aus meinem gepreßten Herzen, und ich weine
troſtlos einer finſtern Zukunft entgegen.




Es iſt ein Ungluͤk, Wilhelm! all meine thaͤtigen
Kraͤfte ſind zu einer unruhigen Laͤſſigkeit ver-
ſtimmt, ich kann nicht muͤſſig ſeyn und wieder kann
ich nichts thun. Jch hab keine Vorſtellungskraft,

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[96/0096] am 21. Aug. Umſonſt ſtrekke ich meine Arme nach ihr aus, Morgens wenn ich von ſchweren Traͤumen auf- daͤmmere, vergebens ſuch ich ſie Nachts in meinem Bette, wenn mich ein gluͤklicher unſchuldiger Traum getaͤuſcht hat, als ſaͤß ich neben ihr auf der Wieſe, und hielte ihre Hand und dekte ſie mit tauſend Kuͤſſen. Ach wenn ich denn noch halb im Tau- mel des Schlafs nach ihr tappe, und druͤber mich ermuntere — Ein Strom von Thraͤnen bricht aus meinem gepreßten Herzen, und ich weine troſtlos einer finſtern Zukunft entgegen. am 22. Aug. Es iſt ein Ungluͤk, Wilhelm! all meine thaͤtigen Kraͤfte ſind zu einer unruhigen Laͤſſigkeit ver- ſtimmt, ich kann nicht muͤſſig ſeyn und wieder kann ich nichts thun. Jch hab keine Vorſtellungskraft, kein

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther01_1774/96>, abgerufen am 24.11.2024.