Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774.Mädgen hat, muß ich ihn lieben. Er will mir wohl, und ich vermuthe, das ist Lottens Werk, mehr als seiner eigenen Empfindung, denn darinn sind die Weiber fein, und haben recht. Wenn sie zwey Kerls in gutem Vernehmen mit einander hal- ten können, ist der Vortheil immer ihre, so selten es auch angeht. Jndeß kann ich Alberten meine Achtung nicht Er hält mich für einen Menschen von Sinn, Dem E 5
Maͤdgen hat, muß ich ihn lieben. Er will mir wohl, und ich vermuthe, das iſt Lottens Werk, mehr als ſeiner eigenen Empfindung, denn darinn ſind die Weiber fein, und haben recht. Wenn ſie zwey Kerls in gutem Vernehmen mit einander hal- ten koͤnnen, iſt der Vortheil immer ihre, ſo ſelten es auch angeht. Jndeß kann ich Alberten meine Achtung nicht Er haͤlt mich fuͤr einen Menſchen von Sinn, Dem E 5
<TEI> <text> <body> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0073" n="73"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Maͤdgen hat, muß ich ihn lieben. Er will mir<lb/> wohl, und ich vermuthe, das iſt Lottens Werk,<lb/> mehr als ſeiner eigenen Empfindung, denn darinn<lb/> ſind die Weiber fein, und haben recht. Wenn ſie<lb/> zwey Kerls in gutem Vernehmen mit einander hal-<lb/> ten koͤnnen, iſt der Vortheil immer ihre, ſo ſelten<lb/> es auch angeht.</p><lb/> <p>Jndeß kann ich Alberten meine Achtung nicht<lb/> verſagen, ſeine gelaſſne Auſſenſeite, ſticht gegen die<lb/> Unruhe meines Charakters ſehr lebhaft ab, die ſich<lb/> nicht verbergen laͤßt, er hat viel Gefuͤhl und weis-<lb/> was er an Lotten hat. Er ſcheint wenig uͤble<lb/> Laune zu haben, und du weiſt, das iſt die Suͤn-<lb/> de, die ich aͤrger haſſe am Menſchen als alle andre.</p><lb/> <p>Er haͤlt mich fuͤr einen Menſchen von Sinn,<lb/> und meine Anhaͤnglichkeit an Lotten, meine war-<lb/> me Freude, die ich an all ihren Handlungen ha-<lb/> be, vermehrt ſeinen Triumph, und er liebt ſie nur<lb/> deſto mehr. Ob er ſie nicht manchmal heimlich<lb/> mit kleiner Eiferſuͤchteley peinigt, das laß ich da-<lb/> hin geſtellt ſeyn, wenigſtens an ſeinem Plazze wuͤr-<lb/> de ich nicht ganz ſicher vor dem Teufel bleiben.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Dem</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [73/0073]
Maͤdgen hat, muß ich ihn lieben. Er will mir
wohl, und ich vermuthe, das iſt Lottens Werk,
mehr als ſeiner eigenen Empfindung, denn darinn
ſind die Weiber fein, und haben recht. Wenn ſie
zwey Kerls in gutem Vernehmen mit einander hal-
ten koͤnnen, iſt der Vortheil immer ihre, ſo ſelten
es auch angeht.
Jndeß kann ich Alberten meine Achtung nicht
verſagen, ſeine gelaſſne Auſſenſeite, ſticht gegen die
Unruhe meines Charakters ſehr lebhaft ab, die ſich
nicht verbergen laͤßt, er hat viel Gefuͤhl und weis-
was er an Lotten hat. Er ſcheint wenig uͤble
Laune zu haben, und du weiſt, das iſt die Suͤn-
de, die ich aͤrger haſſe am Menſchen als alle andre.
Er haͤlt mich fuͤr einen Menſchen von Sinn,
und meine Anhaͤnglichkeit an Lotten, meine war-
me Freude, die ich an all ihren Handlungen ha-
be, vermehrt ſeinen Triumph, und er liebt ſie nur
deſto mehr. Ob er ſie nicht manchmal heimlich
mit kleiner Eiferſuͤchteley peinigt, das laß ich da-
hin geſtellt ſeyn, wenigſtens an ſeinem Plazze wuͤr-
de ich nicht ganz ſicher vor dem Teufel bleiben.
Dem
E 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |