Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774.Lieber! Jn dieser Ungewißheit schweb ich! Das ist mein Trost. Vielleicht hat sie sich nach mir umgesehen. Vielleicht -- Gute Nacht! O was ich ein Kind bin! am 10. Juli. Die alberne Figur, die ich mache, wenn in Ge- am 11. Juli. Frau M. . ist sehr schlecht, ich bete für ihr Le- Doch
Lieber! Jn dieſer Ungewißheit ſchweb ich! Das iſt mein Troſt. Vielleicht hat ſie ſich nach mir umgeſehen. Vielleicht — Gute Nacht! O was ich ein Kind bin! am 10. Juli. Die alberne Figur, die ich mache, wenn in Ge- am 11. Juli. Frau M. . iſt ſehr ſchlecht, ich bete fuͤr ihr Le- Doch
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Lieber! Jn dieſer Ungewißheit ſchweb ich! Das
iſt mein Troſt. Vielleicht hat ſie ſich nach mir
umgeſehen. Vielleicht — Gute Nacht! O was
ich ein Kind bin!
am 10. Juli.
Die alberne Figur, die ich mache, wenn in Ge-
ſellſchaft von ihr geſprochen wird, ſollteſt du
ſehen. Wenn man mich nun gar fragt, wie ſie
mir gefaͤllt — Gefaͤllt! das Wort haß ich in
Tod. Was muß das fuͤr ein Kerl ſeyn, dem Lotte
gefaͤllt, dem ſie nicht alle Sinnen, alle Empfin-
dungen ausfuͤllt. Gefaͤllt! Neulich fragte mich ei-
ner, wie mir Oſſian gefiele.
am 11. Juli.
Frau M. . iſt ſehr ſchlecht, ich bete fuͤr ihr Le-
ben, weil ich mit Lotten dulde. Jch ſeh ſie
ſelten bey meiner Freundinn, und heut hat ſie mir
einen wunderbaren Vorfall erzaͤhlt. Der alte M..
iſt ein geiziger rangiger Hund, der ſeine Frau im
Leben was rechts geplagt und eingeſchraͤnkt hat.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther01_1774/63>, abgerufen am 03.03.2025. |