Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774.Dir in der Ordnung zu erzählen, wie's zu- Einen Engel! Pfuy! das sagt jeder von der So viel Einfalt bey so viel Verstand, so viel Das ist alles garstiges Gewäsche, was ich da gehe
Dir in der Ordnung zu erzaͤhlen, wie’s zu- Einen Engel! Pfuy! das ſagt jeder von der So viel Einfalt bey ſo viel Verſtand, ſo viel Das iſt alles garſtiges Gewaͤſche, was ich da gehe
<TEI> <text> <body> <div type="diaryEntry"> <pb facs="#f0027" n="27"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Dir in der Ordnung zu erzaͤhlen, wie’s zu-<lb/> gegangen iſt, daß ich ein’s der liebenswuͤrdigſten<lb/> Geſchoͤpfe habe kennen lernen, wird ſchwerer hal-<lb/> ten, ich bin vergnuͤgt und gluͤklich, und ſo kein<lb/> guter Hiſtorienſchreiber.</p><lb/> <p>Einen Engel! Pfuy! das ſagt jeder von der<lb/> ſeinigen! Nicht wahr? Und doch bin ich nicht<lb/> im Stande, dir zu ſagen, wie ſie vollkommen iſt,<lb/> warum ſie vollkommen iſt, genug, ſie hat all mei-<lb/> nen Sinn gefangen genommen.</p><lb/> <p>So viel Einfalt bey ſo viel Verſtand, ſo viel<lb/> Guͤte bey ſo viel Feſtigkeit, und die Ruhe der Seele<lb/> bey dem wahren Leben und der Thaͤtigkeit. —</p><lb/> <p>Das iſt alles garſtiges Gewaͤſche, was ich da<lb/> von ihr ſage, leidige Abſtraktionen, die nicht einen<lb/> Zug ihres Selbſt ausdruͤkken. Ein andermal —<lb/> Nein, nicht ein andermal, jezt gleich will ich<lb/> dir’s erzaͤhlen. Thu ich’s jezt nicht, geſchaͤh’s nie-<lb/> mals. Denn, unter uns, ſeit ich angefangen ha-<lb/> be zu ſchreiben, war ich ſchon dreymal im Be-<lb/> griffe die Feder niederzulegen, mein Pferd ſatteln<lb/> zu laſſen und hinaus zu reiten, und doch ſchwur<lb/> ich mir heut fruͤh nicht hinaus zu reiten — und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gehe</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0027]
Dir in der Ordnung zu erzaͤhlen, wie’s zu-
gegangen iſt, daß ich ein’s der liebenswuͤrdigſten
Geſchoͤpfe habe kennen lernen, wird ſchwerer hal-
ten, ich bin vergnuͤgt und gluͤklich, und ſo kein
guter Hiſtorienſchreiber.
Einen Engel! Pfuy! das ſagt jeder von der
ſeinigen! Nicht wahr? Und doch bin ich nicht
im Stande, dir zu ſagen, wie ſie vollkommen iſt,
warum ſie vollkommen iſt, genug, ſie hat all mei-
nen Sinn gefangen genommen.
So viel Einfalt bey ſo viel Verſtand, ſo viel
Guͤte bey ſo viel Feſtigkeit, und die Ruhe der Seele
bey dem wahren Leben und der Thaͤtigkeit. —
Das iſt alles garſtiges Gewaͤſche, was ich da
von ihr ſage, leidige Abſtraktionen, die nicht einen
Zug ihres Selbſt ausdruͤkken. Ein andermal —
Nein, nicht ein andermal, jezt gleich will ich
dir’s erzaͤhlen. Thu ich’s jezt nicht, geſchaͤh’s nie-
mals. Denn, unter uns, ſeit ich angefangen ha-
be zu ſchreiben, war ich ſchon dreymal im Be-
griffe die Feder niederzulegen, mein Pferd ſatteln
zu laſſen und hinaus zu reiten, und doch ſchwur
ich mir heut fruͤh nicht hinaus zu reiten — und
gehe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther01_1774 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther01_1774/27 |
Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 1. Leipzig, 1774, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther01_1774/27>, abgerufen am 18.07.2024. |