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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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und die Mutter brachte Nase und Augen
nicht aus dem durchsichtigen Glase, worin
sich, ob sie gleich zu trinken schien, der Wein
nicht verminderte. -- Was sollen wir noch viel
von kleinen Nachstücken sagen, wozu man
niederländische Wirthshaus- und Jahrmarkts¬
scenen gewählt hatte.

Der Graf und die Baronesse reisten ab
und versprachen in den ersten glücklichen Wo¬
chen ihrer nahen Verbindung wiederzukehren,
und Charlotte hoffte nunmehr, nach zwey
mühsam überstandenen Monaten, die übrige
Gesellschaft gleichfalls los zu werden. Sie
war des Glücks ihrer Tochter gewiß, wenn
bey dieser der erste Braut- und Jugendtaumel
sich würde gelegt haben: denn der Bräutigam
hielt sich für den glücklichsten Menschen von
der Welt. Bey großem Vermögen und ge¬
mäßigter Sinnesart schien er auf eine wun¬
derbare Weise von dem Vorzuge geschmeichelt,
ein Frauenzimmer zu besitzen, das der ganzen

und die Mutter brachte Naſe und Augen
nicht aus dem durchſichtigen Glaſe, worin
ſich, ob ſie gleich zu trinken ſchien, der Wein
nicht verminderte. — Was ſollen wir noch viel
von kleinen Nachſtuͤcken ſagen, wozu man
niederlaͤndiſche Wirthshaus- und Jahrmarkts¬
ſcenen gewaͤhlt hatte.

Der Graf und die Baroneſſe reiſten ab
und verſprachen in den erſten gluͤcklichen Wo¬
chen ihrer nahen Verbindung wiederzukehren,
und Charlotte hoffte nunmehr, nach zwey
muͤhſam uͤberſtandenen Monaten, die uͤbrige
Geſellſchaft gleichfalls los zu werden. Sie
war des Gluͤcks ihrer Tochter gewiß, wenn
bey dieſer der erſte Braut- und Jugendtaumel
ſich wuͤrde gelegt haben: denn der Braͤutigam
hielt ſich fuͤr den gluͤcklichſten Menſchen von
der Welt. Bey großem Vermoͤgen und ge¬
maͤßigter Sinnesart ſchien er auf eine wun¬
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[93/0096] und die Mutter brachte Naſe und Augen nicht aus dem durchſichtigen Glaſe, worin ſich, ob ſie gleich zu trinken ſchien, der Wein nicht verminderte. — Was ſollen wir noch viel von kleinen Nachſtuͤcken ſagen, wozu man niederlaͤndiſche Wirthshaus- und Jahrmarkts¬ ſcenen gewaͤhlt hatte. Der Graf und die Baroneſſe reiſten ab und verſprachen in den erſten gluͤcklichen Wo¬ chen ihrer nahen Verbindung wiederzukehren, und Charlotte hoffte nunmehr, nach zwey muͤhſam uͤberſtandenen Monaten, die uͤbrige Geſellſchaft gleichfalls los zu werden. Sie war des Gluͤcks ihrer Tochter gewiß, wenn bey dieſer der erſte Braut- und Jugendtaumel ſich wuͤrde gelegt haben: denn der Braͤutigam hielt ſich fuͤr den gluͤcklichſten Menſchen von der Welt. Bey großem Vermoͤgen und ge¬ maͤßigter Sinnesart ſchien er auf eine wun¬ derbare Weiſe von dem Vorzuge geſchmeichelt, ein Frauenzimmer zu beſitzen, das der ganzen

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/96>, abgerufen am 23.11.2024.