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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Räumen am ersten oder am letzten Platze
befinden, ja der Bräutigam Lucianens selbst
unterhielt sich oft mit ihr, und zwar um so
mehr, als er in einer Angelegenheit die ihn
beschäftigte, ihren Rath, ihre Mitwirkung
verlangte.

Er hatte den Architecten näher kennen
lernen, bey Gelegenheit seiner Kunstsammlung
viel über das Geschichtliche mit ihm gespro¬
chen, in andern Fällen auch, besonders bey
Betrachtung der Capelle, sein Talent schätzen
gelernt. Der Baron war jung, reich; er
sammelte, er wollte bauen; seine Liebhaberey
war lebhaft, seine Kenntnisse schwach; er
glaubte in dem Architecten seinen Mann zu
finden, mit dem er mehr als einen Zweck
zugleich erreichen könnte. Er hatte seiner
Braut von dieser Absicht gesprochen; sie lobte
ihn darum und war höchlich mit dem Vor¬
schlag zufrieden, doch vielleicht mehr, um die¬
sen jungen Mann Ottilien zu entziehen --

Raͤumen am erſten oder am letzten Platze
befinden, ja der Braͤutigam Lucianens ſelbſt
unterhielt ſich oft mit ihr, und zwar um ſo
mehr, als er in einer Angelegenheit die ihn
beſchaͤftigte, ihren Rath, ihre Mitwirkung
verlangte.

Er hatte den Architecten naͤher kennen
lernen, bey Gelegenheit ſeiner Kunſtſammlung
viel uͤber das Geſchichtliche mit ihm geſpro¬
chen, in andern Faͤllen auch, beſonders bey
Betrachtung der Capelle, ſein Talent ſchaͤtzen
gelernt. Der Baron war jung, reich; er
ſammelte, er wollte bauen; ſeine Liebhaberey
war lebhaft, ſeine Kenntniſſe ſchwach; er
glaubte in dem Architecten ſeinen Mann zu
finden, mit dem er mehr als einen Zweck
zugleich erreichen koͤnnte. Er hatte ſeiner
Braut von dieſer Abſicht geſprochen; ſie lobte
ihn darum und war hoͤchlich mit dem Vor¬
ſchlag zufrieden, doch vielleicht mehr, um die¬
ſen jungen Mann Ottilien zu entziehen —

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[79/0082] Raͤumen am erſten oder am letzten Platze befinden, ja der Braͤutigam Lucianens ſelbſt unterhielt ſich oft mit ihr, und zwar um ſo mehr, als er in einer Angelegenheit die ihn beſchaͤftigte, ihren Rath, ihre Mitwirkung verlangte. Er hatte den Architecten naͤher kennen lernen, bey Gelegenheit ſeiner Kunſtſammlung viel uͤber das Geſchichtliche mit ihm geſpro¬ chen, in andern Faͤllen auch, beſonders bey Betrachtung der Capelle, ſein Talent ſchaͤtzen gelernt. Der Baron war jung, reich; er ſammelte, er wollte bauen; ſeine Liebhaberey war lebhaft, ſeine Kenntniſſe ſchwach; er glaubte in dem Architecten ſeinen Mann zu finden, mit dem er mehr als einen Zweck zugleich erreichen koͤnnte. Er hatte ſeiner Braut von dieſer Abſicht geſprochen; ſie lobte ihn darum und war hoͤchlich mit dem Vor¬ ſchlag zufrieden, doch vielleicht mehr, um die¬ ſen jungen Mann Ottilien zu entziehen —

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/82>, abgerufen am 23.11.2024.