Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

gemacht. Allein der Architect blieb aus, und
als er endlich wiederkam, verlor er sich unter
der Gesellschaft, ohne etwas mit zu bringen,
und ohne zu thun als ob von etwas die
Frage gewesen wäre. Ottilie ward einen Au¬
genblick -- wie soll man's nennen? -- ver¬
drießlich, ungehalten, betroffen; sie hatte ein
gutes Wort an ihn gewendet, sie gönnte dem
Bräutigam eine vergnügte Stunde nach sei¬
nem Sinne, der bey seiner unendlichen Liebe
für Lucianen doch von ihrem Betragen zu
leiden schien.

Die Affen mußten einer Collation Platz
machen. Gesellige Spiele, ja sogar noch
Tänze, zuletzt ein freudeloses Herumsitzen und
Wiederaufjagen einer schon gesunkenen Lust
dauerten dießmal, wie sonst auch, weit über
Mitternacht. Denn schon hatte sich Luciane
gewöhnt, Morgens nicht aus dem Bette und
Abends nicht ins Bette gelangen zu können.


gemacht. Allein der Architect blieb aus, und
als er endlich wiederkam, verlor er ſich unter
der Geſellſchaft, ohne etwas mit zu bringen,
und ohne zu thun als ob von etwas die
Frage geweſen waͤre. Ottilie ward einen Au¬
genblick — wie ſoll man's nennen? — ver¬
drießlich, ungehalten, betroffen; ſie hatte ein
gutes Wort an ihn gewendet, ſie goͤnnte dem
Braͤutigam eine vergnuͤgte Stunde nach ſei¬
nem Sinne, der bey ſeiner unendlichen Liebe
fuͤr Lucianen doch von ihrem Betragen zu
leiden ſchien.

Die Affen mußten einer Collation Platz
machen. Geſellige Spiele, ja ſogar noch
Taͤnze, zuletzt ein freudeloſes Herumſitzen und
Wiederaufjagen einer ſchon geſunkenen Luſt
dauerten dießmal, wie ſonſt auch, weit uͤber
Mitternacht. Denn ſchon hatte ſich Luciane
gewoͤhnt, Morgens nicht aus dem Bette und
Abends nicht ins Bette gelangen zu koͤnnen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067" n="64"/>
gemacht. Allein der Architect blieb aus, und<lb/>
als er endlich wiederkam, verlor er &#x017F;ich unter<lb/>
der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, ohne etwas mit zu bringen,<lb/>
und ohne zu thun als ob von etwas die<lb/>
Frage gewe&#x017F;en wa&#x0364;re. Ottilie ward einen Au¬<lb/>
genblick &#x2014; wie &#x017F;oll man's nennen? &#x2014; ver¬<lb/>
drießlich, ungehalten, betroffen; &#x017F;ie hatte ein<lb/>
gutes Wort an ihn gewendet, &#x017F;ie go&#x0364;nnte dem<lb/>
Bra&#x0364;utigam eine vergnu&#x0364;gte Stunde nach &#x017F;ei¬<lb/>
nem Sinne, der bey &#x017F;einer unendlichen Liebe<lb/>
fu&#x0364;r Lucianen doch von ihrem Betragen zu<lb/>
leiden &#x017F;chien.</p><lb/>
        <p>Die Affen mußten einer Collation Platz<lb/>
machen. Ge&#x017F;ellige Spiele, ja &#x017F;ogar noch<lb/>
Ta&#x0364;nze, zuletzt ein freudelo&#x017F;es Herum&#x017F;itzen und<lb/>
Wiederaufjagen einer &#x017F;chon ge&#x017F;unkenen Lu&#x017F;t<lb/>
dauerten dießmal, wie &#x017F;on&#x017F;t auch, weit u&#x0364;ber<lb/>
Mitternacht. Denn &#x017F;chon hatte &#x017F;ich Luciane<lb/>
gewo&#x0364;hnt, Morgens nicht aus dem Bette und<lb/>
Abends nicht ins Bette gelangen zu ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0067] gemacht. Allein der Architect blieb aus, und als er endlich wiederkam, verlor er ſich unter der Geſellſchaft, ohne etwas mit zu bringen, und ohne zu thun als ob von etwas die Frage geweſen waͤre. Ottilie ward einen Au¬ genblick — wie ſoll man's nennen? — ver¬ drießlich, ungehalten, betroffen; ſie hatte ein gutes Wort an ihn gewendet, ſie goͤnnte dem Braͤutigam eine vergnuͤgte Stunde nach ſei¬ nem Sinne, der bey ſeiner unendlichen Liebe fuͤr Lucianen doch von ihrem Betragen zu leiden ſchien. Die Affen mußten einer Collation Platz machen. Geſellige Spiele, ja ſogar noch Taͤnze, zuletzt ein freudeloſes Herumſitzen und Wiederaufjagen einer ſchon geſunkenen Luſt dauerten dießmal, wie ſonſt auch, weit uͤber Mitternacht. Denn ſchon hatte ſich Luciane gewoͤhnt, Morgens nicht aus dem Bette und Abends nicht ins Bette gelangen zu koͤnnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/67
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/67>, abgerufen am 24.11.2024.