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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Aehnlichkeit mit bekannten Menschen zu fin¬
den. Sieht der nicht aus wie der Onkel?
rief sie unbarmherzig: der wie der Galanterie¬
händler M--, der wie der Pfarrer S--
und dieser ist der Dings -- der -- leibhaf¬
tig. Im Grunde sind doch die Affen die ei¬
gentlichen Incroyables und es ist unbegreiflich,
wie man sie aus der besten Gesellschaft aus¬
schließen mag.

Sie sagte das in der besten Gesellschaft,
doch Niemand nahm es ihr übel. Man war
so gewohnt ihrer Anmuth vieles zu erlauben,
daß man zuletzt ihrer Unart alles erlaubte.

Ottilie unterhielt sich indessen mit dem
Bräutigam. Sie hoffte auf die Rückkunft
des Architecten, dessen ernstere, geschmackvol¬
lere Sammlungen die Gesellschaft von diesem
Affenwesen befreyen sollten. In dieser Er¬
wartung hatte sie sich mit dem Baron be¬
sprochen und ihn auf manches aufmerksam

Aehnlichkeit mit bekannten Menſchen zu fin¬
den. Sieht der nicht aus wie der Onkel?
rief ſie unbarmherzig: der wie der Galanterie¬
haͤndler M—, der wie der Pfarrer S—
und dieſer iſt der Dings — der — leibhaf¬
tig. Im Grunde ſind doch die Affen die ei¬
gentlichen Incroyables und es iſt unbegreiflich,
wie man ſie aus der beſten Geſellſchaft aus¬
ſchließen mag.

Sie ſagte das in der beſten Geſellſchaft,
doch Niemand nahm es ihr uͤbel. Man war
ſo gewohnt ihrer Anmuth vieles zu erlauben,
daß man zuletzt ihrer Unart alles erlaubte.

Ottilie unterhielt ſich indeſſen mit dem
Braͤutigam. Sie hoffte auf die Ruͤckkunft
des Architecten, deſſen ernſtere, geſchmackvol¬
lere Sammlungen die Geſellſchaft von dieſem
Affenweſen befreyen ſollten. In dieſer Er¬
wartung hatte ſie ſich mit dem Baron be¬
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[63/0066] Aehnlichkeit mit bekannten Menſchen zu fin¬ den. Sieht der nicht aus wie der Onkel? rief ſie unbarmherzig: der wie der Galanterie¬ haͤndler M—, der wie der Pfarrer S— und dieſer iſt der Dings — der — leibhaf¬ tig. Im Grunde ſind doch die Affen die ei¬ gentlichen Incroyables und es iſt unbegreiflich, wie man ſie aus der beſten Geſellſchaft aus¬ ſchließen mag. Sie ſagte das in der beſten Geſellſchaft, doch Niemand nahm es ihr uͤbel. Man war ſo gewohnt ihrer Anmuth vieles zu erlauben, daß man zuletzt ihrer Unart alles erlaubte. Ottilie unterhielt ſich indeſſen mit dem Braͤutigam. Sie hoffte auf die Ruͤckkunft des Architecten, deſſen ernſtere, geſchmackvol¬ lere Sammlungen die Geſellſchaft von dieſem Affenweſen befreyen ſollten. In dieſer Er¬ wartung hatte ſie ſich mit dem Baron be¬ ſprochen und ihn auf manches aufmerkſam

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/66>, abgerufen am 24.11.2024.