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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Eduard erblickt es und staunt. Großer
Gott! ruft er aus: wenn ich Ursache hätte an
meiner Frau, an meinem Freunde zu zwei¬
feln, so würde diese Gestalt fürchterlich gegen
sie zeugen. Ist dieß nicht die Bildung des
Majors? Solch ein Gleichen habe ich nie
gesehen.

Nicht doch! versetzte Ottilie: alle Welt
sagt, es gleiche mir. Wär' es möglich, ver¬
setzte Eduard? und in dem Augenblick schlug
das Kind die Augen auf, zwey große, schwar¬
ze, durchdringende Augen, tief und freund¬
lich. Der Knabe sah die Welt schon so ver¬
ständig an; er schien die beyden zu kennen,
die vor ihm standen. Eduard warf sich bey
dem Kinde nieder, er kniete zweymal vor Ot¬
tilien. Du bists! rief er aus: deine Augen
sind's. Ach! aber laß mich nur in die dei¬
nigen schaun. Laß mich einen Schleyer wer¬
fen über jene unselige Stunde, die diesem
Wesen das Daseyn gab. Soll ich deine reine

Eduard erblickt es und ſtaunt. Großer
Gott! ruft er aus: wenn ich Urſache haͤtte an
meiner Frau, an meinem Freunde zu zwei¬
feln, ſo wuͤrde dieſe Geſtalt fuͤrchterlich gegen
ſie zeugen. Iſt dieß nicht die Bildung des
Majors? Solch ein Gleichen habe ich nie
geſehen.

Nicht doch! verſetzte Ottilie: alle Welt
ſagt, es gleiche mir. Waͤr' es moͤglich, ver¬
ſetzte Eduard? und in dem Augenblick ſchlug
das Kind die Augen auf, zwey große, ſchwar¬
ze, durchdringende Augen, tief und freund¬
lich. Der Knabe ſah die Welt ſchon ſo ver¬
ſtaͤndig an; er ſchien die beyden zu kennen,
die vor ihm ſtanden. Eduard warf ſich bey
dem Kinde nieder, er kniete zweymal vor Ot¬
tilien. Du biſts! rief er aus: deine Augen
ſind's. Ach! aber laß mich nur in die dei¬
nigen ſchaun. Laß mich einen Schleyer wer¬
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[249/0252] Eduard erblickt es und ſtaunt. Großer Gott! ruft er aus: wenn ich Urſache haͤtte an meiner Frau, an meinem Freunde zu zwei¬ feln, ſo wuͤrde dieſe Geſtalt fuͤrchterlich gegen ſie zeugen. Iſt dieß nicht die Bildung des Majors? Solch ein Gleichen habe ich nie geſehen. Nicht doch! verſetzte Ottilie: alle Welt ſagt, es gleiche mir. Waͤr' es moͤglich, ver¬ ſetzte Eduard? und in dem Augenblick ſchlug das Kind die Augen auf, zwey große, ſchwar¬ ze, durchdringende Augen, tief und freund¬ lich. Der Knabe ſah die Welt ſchon ſo ver¬ ſtaͤndig an; er ſchien die beyden zu kennen, die vor ihm ſtanden. Eduard warf ſich bey dem Kinde nieder, er kniete zweymal vor Ot¬ tilien. Du biſts! rief er aus: deine Augen ſind's. Ach! aber laß mich nur in die dei¬ nigen ſchaun. Laß mich einen Schleyer wer¬ fen uͤber jene unſelige Stunde, die dieſem Weſen das Daſeyn gab. Soll ich deine reine

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/252>, abgerufen am 24.11.2024.