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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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einsamen Orte so viel zweifelhafte Stunden
verlebt hatte: mich selbst will ich an die
Stelle des Glases zum Zeichen machen, ob
unsre Verbindung möglich sey oder nicht. Ich
gehe hin und suche den Tod, nicht als ein
Rasender, sondern als einer der zu leben
hofft. Ottilie soll der Preis seyn, um den ich
kämpfe; sie soll es seyn, die ich hinter jeder
feindlichen Schlachtordnung, in jeder Ver¬
schanzung, in jeder belagerten Festung zu ge¬
winnen, zu erobern hoffe. Ich will Wunder
thun, mit dem Wunsche verschont zu bleiben,
im Sinne Ottilien zu gewinnen, nicht sie zu
verlieren. Diese Gefühle haben mich geleitet,
sie haben mir durch alle Gefahren beygestan¬
den; aber nun finde ich mich auch wie einen
der zu seinem Ziele gelangt ist, der alle Hin¬
dernisse überwunden hat, dem nun nichts
mehr im Wege steht. Ottilie ist mein, und
was noch zwischen diesem Gedanken und der
Ausführung liegt, kann ich nur für nichts
bedeutend ansehen.

einſamen Orte ſo viel zweifelhafte Stunden
verlebt hatte: mich ſelbſt will ich an die
Stelle des Glaſes zum Zeichen machen, ob
unſre Verbindung moͤglich ſey oder nicht. Ich
gehe hin und ſuche den Tod, nicht als ein
Raſender, ſondern als einer der zu leben
hofft. Ottilie ſoll der Preis ſeyn, um den ich
kaͤmpfe; ſie ſoll es ſeyn, die ich hinter jeder
feindlichen Schlachtordnung, in jeder Ver¬
ſchanzung, in jeder belagerten Feſtung zu ge¬
winnen, zu erobern hoffe. Ich will Wunder
thun, mit dem Wunſche verſchont zu bleiben,
im Sinne Ottilien zu gewinnen, nicht ſie zu
verlieren. Dieſe Gefuͤhle haben mich geleitet,
ſie haben mir durch alle Gefahren beygeſtan¬
den; aber nun finde ich mich auch wie einen
der zu ſeinem Ziele gelangt iſt, der alle Hin¬
derniſſe uͤberwunden hat, dem nun nichts
mehr im Wege ſteht. Ottilie iſt mein, und
was noch zwiſchen dieſem Gedanken und der
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[230/0233] einſamen Orte ſo viel zweifelhafte Stunden verlebt hatte: mich ſelbſt will ich an die Stelle des Glaſes zum Zeichen machen, ob unſre Verbindung moͤglich ſey oder nicht. Ich gehe hin und ſuche den Tod, nicht als ein Raſender, ſondern als einer der zu leben hofft. Ottilie ſoll der Preis ſeyn, um den ich kaͤmpfe; ſie ſoll es ſeyn, die ich hinter jeder feindlichen Schlachtordnung, in jeder Ver¬ ſchanzung, in jeder belagerten Feſtung zu ge¬ winnen, zu erobern hoffe. Ich will Wunder thun, mit dem Wunſche verſchont zu bleiben, im Sinne Ottilien zu gewinnen, nicht ſie zu verlieren. Dieſe Gefuͤhle haben mich geleitet, ſie haben mir durch alle Gefahren beygeſtan¬ den; aber nun finde ich mich auch wie einen der zu ſeinem Ziele gelangt iſt, der alle Hin¬ derniſſe uͤberwunden hat, dem nun nichts mehr im Wege ſteht. Ottilie iſt mein, und was noch zwiſchen dieſem Gedanken und der Ausfuͤhrung liegt, kann ich nur fuͤr nichts bedeutend anſehen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/233>, abgerufen am 25.11.2024.