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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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den Menschen selten angewandt wird. Der
Vater erhebe seinen Sohn zum Mitbesitzer,
er lasse ihn mitbauen, pflanzen, und erlaube
ihm, wie sich selbst, eine unschädliche Will¬
kühr. Eine Thätigkeit läßt sich in die andre
verweben, keine an die andre anstückeln. Ein
junger Zweig verbindet sich mit einem alten
Stamme gar leicht und gern, an den kein
erwachsener Ast mehr anzufügen ist.

Es freute den Gehülfen, in dem Augen¬
blick da er Abschied zu nehmen sich genöthigt
sah, Charlotten zufälligerweise etwas Ange¬
nehmes gesagt und ihre Gunst aufs neue da¬
durch befestigt zu haben. Schon allzulange
war er von Hause weg, doch konnte er zur
Rückreise sich nicht eher entschließen, als nach
völliger Ueberzeugung, er müsse die heranna¬
hende Epoche von Charlottens Niederkunft
erst vorbeygehn lassen, bevor er wegen Otti¬
liens irgend eine Entscheidung hoffen könne.
Er fügte sich deshalb in die Umstände und

den Menſchen ſelten angewandt wird. Der
Vater erhebe ſeinen Sohn zum Mitbeſitzer,
er laſſe ihn mitbauen, pflanzen, und erlaube
ihm, wie ſich ſelbſt, eine unſchaͤdliche Will¬
kuͤhr. Eine Thaͤtigkeit laͤßt ſich in die andre
verweben, keine an die andre anſtuͤckeln. Ein
junger Zweig verbindet ſich mit einem alten
Stamme gar leicht und gern, an den kein
erwachſener Aſt mehr anzufuͤgen iſt.

Es freute den Gehuͤlfen, in dem Augen¬
blick da er Abſchied zu nehmen ſich genoͤthigt
ſah, Charlotten zufaͤlligerweiſe etwas Ange¬
nehmes geſagt und ihre Gunſt aufs neue da¬
durch befeſtigt zu haben. Schon allzulange
war er von Hauſe weg, doch konnte er zur
Ruͤckreiſe ſich nicht eher entſchließen, als nach
voͤlliger Ueberzeugung, er muͤſſe die heranna¬
hende Epoche von Charlottens Niederkunft
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[158/0161] den Menſchen ſelten angewandt wird. Der Vater erhebe ſeinen Sohn zum Mitbeſitzer, er laſſe ihn mitbauen, pflanzen, und erlaube ihm, wie ſich ſelbſt, eine unſchaͤdliche Will¬ kuͤhr. Eine Thaͤtigkeit laͤßt ſich in die andre verweben, keine an die andre anſtuͤckeln. Ein junger Zweig verbindet ſich mit einem alten Stamme gar leicht und gern, an den kein erwachſener Aſt mehr anzufuͤgen iſt. Es freute den Gehuͤlfen, in dem Augen¬ blick da er Abſchied zu nehmen ſich genoͤthigt ſah, Charlotten zufaͤlligerweiſe etwas Ange¬ nehmes geſagt und ihre Gunſt aufs neue da¬ durch befeſtigt zu haben. Schon allzulange war er von Hauſe weg, doch konnte er zur Ruͤckreiſe ſich nicht eher entſchließen, als nach voͤlliger Ueberzeugung, er muͤſſe die heranna¬ hende Epoche von Charlottens Niederkunft erſt vorbeygehn laſſen, bevor er wegen Otti¬ liens irgend eine Entſcheidung hoffen koͤnne. Er fuͤgte ſich deshalb in die Umſtaͤnde und

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/161>, abgerufen am 22.11.2024.