Gewiß, sagte der Gehülfe: und wer wi¬ dersteht dem Strome seiner Umgebungen. Die Zeit rückt fort und in ihr Gesinnungen, Meynungen, Vorurtheile und Liebhabereyen. Fällt die Jugend eines Sohnes gerade in die Zeit der Umwendung, so kann man versichert seyn, daß er mit seinem Vater nichts gemein haben wird. Wenn dieser in einer Periode lebte, wo man Lust hatte sich manches zuzu¬ eignen, dieses Eigenthum zu sichern, zu be¬ schränken, einzuengen und in der Absonde¬ rung von der Welt seinen Genuß zu befestigen; so wird jener sodann sich auszudehnen suchen, mittheilen, verbreiten und das Verschlossene er¬ öffnen.
Ganze Zeiträume, versetzte Charlotte, glei¬ chen diesem Vater und Sohn, den Sie schil¬ dern. Von jenen Zuständen, da jede kleine Stadt ihre Mauern und Gräben haben mu߬ te, da man jeden Edelhof noch in einen Sumpf baute, und die geringsten Schlösser
Gewiß, ſagte der Gehuͤlfe: und wer wi¬ derſteht dem Strome ſeiner Umgebungen. Die Zeit ruͤckt fort und in ihr Geſinnungen, Meynungen, Vorurtheile und Liebhabereyen. Faͤllt die Jugend eines Sohnes gerade in die Zeit der Umwendung, ſo kann man verſichert ſeyn, daß er mit ſeinem Vater nichts gemein haben wird. Wenn dieſer in einer Periode lebte, wo man Luſt hatte ſich manches zuzu¬ eignen, dieſes Eigenthum zu ſichern, zu be¬ ſchraͤnken, einzuengen und in der Abſonde¬ rung von der Welt ſeinen Genuß zu befeſtigen; ſo wird jener ſodann ſich auszudehnen ſuchen, mittheilen, verbreiten und das Verſchloſſene er¬ oͤffnen.
Ganze Zeitraͤume, verſetzte Charlotte, glei¬ chen dieſem Vater und Sohn, den Sie ſchil¬ dern. Von jenen Zuſtaͤnden, da jede kleine Stadt ihre Mauern und Graͤben haben mu߬ te, da man jeden Edelhof noch in einen Sumpf baute, und die geringſten Schloͤſſer
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Gewiß, ſagte der Gehuͤlfe: und wer wi¬
derſteht dem Strome ſeiner Umgebungen.
Die Zeit ruͤckt fort und in ihr Geſinnungen,
Meynungen, Vorurtheile und Liebhabereyen.
Faͤllt die Jugend eines Sohnes gerade in die
Zeit der Umwendung, ſo kann man verſichert
ſeyn, daß er mit ſeinem Vater nichts gemein
haben wird. Wenn dieſer in einer Periode
lebte, wo man Luſt hatte ſich manches zuzu¬
eignen, dieſes Eigenthum zu ſichern, zu be¬
ſchraͤnken, einzuengen und in der Abſonde¬
rung von der Welt ſeinen Genuß zu befeſtigen;
ſo wird jener ſodann ſich auszudehnen ſuchen,
mittheilen, verbreiten und das Verſchloſſene er¬
oͤffnen.
Ganze Zeitraͤume, verſetzte Charlotte, glei¬
chen dieſem Vater und Sohn, den Sie ſchil¬
dern. Von jenen Zuſtaͤnden, da jede kleine
Stadt ihre Mauern und Graͤben haben mu߬
te, da man jeden Edelhof noch in einen
Sumpf baute, und die geringſten Schloͤſſer
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/157>, abgerufen am 23.11.2024.
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