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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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ganze Erziehungsgeschäft aussprechen, wenn
Jemand Ohren hätte zu hören.

Mögen Sie es nicht mit mir versuchen,
sagte freundlich Ottilie.

Recht gern, versetzte Jener, nur müssen
Sie mich nicht verrathen. Man erziehe die
Knaben zu Dienern und die Mädchen zu
Müttern, so wird es überall wohl stehn.

Zu Müttern, versetzte Ottilie, das könn¬
ten die Frauen noch hingehen lassen, da sie sich,
ohne Mütter zu seyn, doch immer einrichten
müssen, Wärterinnen zu werden; aber frey¬
lich zu Dienern würden sich unsre jungen
Männer viel zu gut halten, da man Jedem
leicht ansehen kann, daß er sich zum Gebieten
fähiger dünkt.

Deswegen wollen wir es ihnen verschwei¬
gen, sagte der Gehülfe. Man schmeichelt

ganze Erziehungsgeſchaͤft ausſprechen, wenn
Jemand Ohren haͤtte zu hoͤren.

Moͤgen Sie es nicht mit mir verſuchen,
ſagte freundlich Ottilie.

Recht gern, verſetzte Jener, nur muͤſſen
Sie mich nicht verrathen. Man erziehe die
Knaben zu Dienern und die Maͤdchen zu
Muͤttern, ſo wird es uͤberall wohl ſtehn.

Zu Muͤttern, verſetzte Ottilie, das koͤnn¬
ten die Frauen noch hingehen laſſen, da ſie ſich,
ohne Muͤtter zu ſeyn, doch immer einrichten
muͤſſen, Waͤrterinnen zu werden; aber frey¬
lich zu Dienern wuͤrden ſich unſre jungen
Maͤnner viel zu gut halten, da man Jedem
leicht anſehen kann, daß er ſich zum Gebieten
faͤhiger duͤnkt.

Deswegen wollen wir es ihnen verſchwei¬
gen, ſagte der Gehuͤlfe. Man ſchmeichelt

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[135/0138] ganze Erziehungsgeſchaͤft ausſprechen, wenn Jemand Ohren haͤtte zu hoͤren. Moͤgen Sie es nicht mit mir verſuchen, ſagte freundlich Ottilie. Recht gern, verſetzte Jener, nur muͤſſen Sie mich nicht verrathen. Man erziehe die Knaben zu Dienern und die Maͤdchen zu Muͤttern, ſo wird es uͤberall wohl ſtehn. Zu Muͤttern, verſetzte Ottilie, das koͤnn¬ ten die Frauen noch hingehen laſſen, da ſie ſich, ohne Muͤtter zu ſeyn, doch immer einrichten muͤſſen, Waͤrterinnen zu werden; aber frey¬ lich zu Dienern wuͤrden ſich unſre jungen Maͤnner viel zu gut halten, da man Jedem leicht anſehen kann, daß er ſich zum Gebieten faͤhiger duͤnkt. Deswegen wollen wir es ihnen verſchwei¬ gen, ſagte der Gehuͤlfe. Man ſchmeichelt

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/138>, abgerufen am 22.11.2024.