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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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in Bezug auf Eduard, dachte sie nicht mehr.
Der Hauptmann war auch angestiftet, Eduar¬
den aufmerksam zu machen; aber dieser, der
seine frühe Liebe zu Charlotten hartnäckig im
Sinne behielt, sah weder rechts noch links,
und war nur glücklich in dem Gefühl, daß
es möglich sey, eines so lebhaft gewünschten
und durch eine Reihe von Ereignissen schein¬
bar auf immer versagten Gutes endlich doch
theilhaft zu werden.

Eben stand das Ehpaar im Begriff die
neuen Anlagen herunter nach dem Schlosse zu
gehen, als ein Bedienter ihnen hastig entge¬
gen stieg und mit lachendem Munde sich schon
von unten herauf vernehmen ließ. Kommen
Ew. Gnaden doch ja schnell herüber! Herr
Mittler ist in den Schloßhof gesprengt. Er
hat uns alle zusammengeschrieen, wir sollen
Sie aufsuchen, wir sollen Sie fragen, ob es
Noth thue? Ob es Noth thut, rief er uns
nach: Hört ihr? aber geschwind, geschwind!

in Bezug auf Eduard, dachte ſie nicht mehr.
Der Hauptmann war auch angeſtiftet, Eduar¬
den aufmerkſam zu machen; aber dieſer, der
ſeine fruͤhe Liebe zu Charlotten hartnaͤckig im
Sinne behielt, ſah weder rechts noch links,
und war nur gluͤcklich in dem Gefuͤhl, daß
es moͤglich ſey, eines ſo lebhaft gewuͤnſchten
und durch eine Reihe von Ereigniſſen ſchein¬
bar auf immer verſagten Gutes endlich doch
theilhaft zu werden.

Eben ſtand das Ehpaar im Begriff die
neuen Anlagen herunter nach dem Schloſſe zu
gehen, als ein Bedienter ihnen haſtig entge¬
gen ſtieg und mit lachendem Munde ſich ſchon
von unten herauf vernehmen ließ. Kommen
Ew. Gnaden doch ja ſchnell heruͤber! Herr
Mittler iſt in den Schloßhof geſprengt. Er
hat uns alle zuſammengeſchrieen, wir ſollen
Sie aufſuchen, wir ſollen Sie fragen, ob es
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[32/0037] in Bezug auf Eduard, dachte ſie nicht mehr. Der Hauptmann war auch angeſtiftet, Eduar¬ den aufmerkſam zu machen; aber dieſer, der ſeine fruͤhe Liebe zu Charlotten hartnaͤckig im Sinne behielt, ſah weder rechts noch links, und war nur gluͤcklich in dem Gefuͤhl, daß es moͤglich ſey, eines ſo lebhaft gewuͤnſchten und durch eine Reihe von Ereigniſſen ſchein¬ bar auf immer verſagten Gutes endlich doch theilhaft zu werden. Eben ſtand das Ehpaar im Begriff die neuen Anlagen herunter nach dem Schloſſe zu gehen, als ein Bedienter ihnen haſtig entge¬ gen ſtieg und mit lachendem Munde ſich ſchon von unten herauf vernehmen ließ. Kommen Ew. Gnaden doch ja ſchnell heruͤber! Herr Mittler iſt in den Schloßhof geſprengt. Er hat uns alle zuſammengeſchrieen, wir ſollen Sie aufſuchen, wir ſollen Sie fragen, ob es Noth thue? Ob es Noth thut, rief er uns nach: Hoͤrt ihr? aber geſchwind, geſchwind!

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/37>, abgerufen am 22.11.2024.