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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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ihre ganze Fassung, um ihre Verwunderung
und ihren Schmerz zu verbergen.

Der Kammerdiener trat herein und ver¬
langte noch einiges. Es war eine Mund¬
tasse des Herrn, ein paar silberne Löffel und
mancherley was Ottilien auf eine weitere
Reise, auf ein längeres Außenbleiben zu deu¬
ten schien. Charlotte verwies ihm sein Be¬
gehren ganz trocken: sie verstehe nicht was er
damit sagen wolle; denn er habe ja alles
was sich auf den Herrn beziehe, selbst im
Beschluß. Der gewandte Mann, dem es
freylich nur darum zu thun war, Ottilien zu
sprechen, und sie deswegen unter irgend ei¬
nem Vorwande aus dem Zimmer zu locken,
wußte sich zu entschuldigen und auf seinem
Verlangen zu beharren, das ihm Ottilie auch
zu gewähren wünschte; allein Charlotte lehnte
es ab, der Kammerdiener mußte sich entfer¬
nen, und der Wagen rollte fort.

I. 18

ihre ganze Faſſung, um ihre Verwunderung
und ihren Schmerz zu verbergen.

Der Kammerdiener trat herein und ver¬
langte noch einiges. Es war eine Mund¬
taſſe des Herrn, ein paar ſilberne Loͤffel und
mancherley was Ottilien auf eine weitere
Reiſe, auf ein laͤngeres Außenbleiben zu deu¬
ten ſchien. Charlotte verwies ihm ſein Be¬
gehren ganz trocken: ſie verſtehe nicht was er
damit ſagen wolle; denn er habe ja alles
was ſich auf den Herrn beziehe, ſelbſt im
Beſchluß. Der gewandte Mann, dem es
freylich nur darum zu thun war, Ottilien zu
ſprechen, und ſie deswegen unter irgend ei¬
nem Vorwande aus dem Zimmer zu locken,
wußte ſich zu entſchuldigen und auf ſeinem
Verlangen zu beharren, das ihm Ottilie auch
zu gewaͤhren wuͤnſchte; allein Charlotte lehnte
es ab, der Kammerdiener mußte ſich entfer¬
nen, und der Wagen rollte fort.

I. 18
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[273/0278] ihre ganze Faſſung, um ihre Verwunderung und ihren Schmerz zu verbergen. Der Kammerdiener trat herein und ver¬ langte noch einiges. Es war eine Mund¬ taſſe des Herrn, ein paar ſilberne Loͤffel und mancherley was Ottilien auf eine weitere Reiſe, auf ein laͤngeres Außenbleiben zu deu¬ ten ſchien. Charlotte verwies ihm ſein Be¬ gehren ganz trocken: ſie verſtehe nicht was er damit ſagen wolle; denn er habe ja alles was ſich auf den Herrn beziehe, ſelbſt im Beſchluß. Der gewandte Mann, dem es freylich nur darum zu thun war, Ottilien zu ſprechen, und ſie deswegen unter irgend ei¬ nem Vorwande aus dem Zimmer zu locken, wußte ſich zu entſchuldigen und auf ſeinem Verlangen zu beharren, das ihm Ottilie auch zu gewaͤhren wuͤnſchte; allein Charlotte lehnte es ab, der Kammerdiener mußte ſich entfer¬ nen, und der Wagen rollte fort. I. 18

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/278>, abgerufen am 28.11.2024.