hatte nachgegeben unter dem Drängen und Treten der immer zunehmenden Menge. Je¬ der wollte den besten Platz haben und nun konnte Niemand vorwärts noch zurück.
Jedermann sprang auf und hinzu, mehr um zu schauen als zu thun: denn was war da zu thun wo Niemand hinreichen konnte. Nebst einigen Entschlossenen eilte der Haupt¬ mann, trieb sogleich die Menge von dem Damm herunter nach den Ufern, um den Hülfreichen freye Hand zu geben, welche die Versinkenden herauszuziehen suchten. Schon waren alle, theils durch eignes, theils durch fremdes Bestreben, wieder auf dem Trocknen, bis auf einen Knaben, der durch allzu ängst¬ liches Bemühen, statt sich dem Damm zu nähern, sich davon entfernt hatte. Die Kräfte schienen ihn zu verlassen, nur einigemal kam noch eine Hand, ein Fuß in die Höhe. Un¬ glücklicher Weise war der Kahn auf der an¬ dern Seite, mit Feuerwerk gefüllt, nur lang¬
hatte nachgegeben unter dem Draͤngen und Treten der immer zunehmenden Menge. Je¬ der wollte den beſten Platz haben und nun konnte Niemand vorwaͤrts noch zuruͤck.
Jedermann ſprang auf und hinzu, mehr um zu ſchauen als zu thun: denn was war da zu thun wo Niemand hinreichen konnte. Nebſt einigen Entſchloſſenen eilte der Haupt¬ mann, trieb ſogleich die Menge von dem Damm herunter nach den Ufern, um den Huͤlfreichen freye Hand zu geben, welche die Verſinkenden herauszuziehen ſuchten. Schon waren alle, theils durch eignes, theils durch fremdes Beſtreben, wieder auf dem Trocknen, bis auf einen Knaben, der durch allzu aͤngſt¬ liches Bemuͤhen, ſtatt ſich dem Damm zu naͤhern, ſich davon entfernt hatte. Die Kraͤfte ſchienen ihn zu verlaſſen, nur einigemal kam noch eine Hand, ein Fuß in die Hoͤhe. Un¬ gluͤcklicher Weiſe war der Kahn auf der an¬ dern Seite, mit Feuerwerk gefuͤllt, nur lang¬
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hatte nachgegeben unter dem Draͤngen und
Treten der immer zunehmenden Menge. Je¬
der wollte den beſten Platz haben und nun
konnte Niemand vorwaͤrts noch zuruͤck.
Jedermann ſprang auf und hinzu, mehr
um zu ſchauen als zu thun: denn was war
da zu thun wo Niemand hinreichen konnte.
Nebſt einigen Entſchloſſenen eilte der Haupt¬
mann, trieb ſogleich die Menge von dem
Damm herunter nach den Ufern, um den
Huͤlfreichen freye Hand zu geben, welche die
Verſinkenden herauszuziehen ſuchten. Schon
waren alle, theils durch eignes, theils durch
fremdes Beſtreben, wieder auf dem Trocknen,
bis auf einen Knaben, der durch allzu aͤngſt¬
liches Bemuͤhen, ſtatt ſich dem Damm zu
naͤhern, ſich davon entfernt hatte. Die Kraͤfte
ſchienen ihn zu verlaſſen, nur einigemal kam
noch eine Hand, ein Fuß in die Hoͤhe. Un¬
gluͤcklicher Weiſe war der Kahn auf der an¬
dern Seite, mit Feuerwerk gefuͤllt, nur lang¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/253>, abgerufen am 24.11.2024.
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