Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

solchen Fällen das Opfer der besten Jahre
gebracht werden müßte.

Ja wohl, versetzte der Graf: man müßte
darüber verzweifeln, wenn nicht überhaupt in
der Welt so weniges eine gehoffte Folge zeig¬
te. Kinder halten nicht was sie versprechen;
junge Leute sehr selten, und wenn sie Wort
halten, hält es ihnen die Welt nicht.

Charlotte, welche froh war, daß das Ge¬
spräch sich wendete, versetzte heiter: Nun!
wir müssen uns ja ohnehin bald genug ge¬
wöhnen, das Gute stück- und theilweise zu
genießen.

Gewiß, versetzte der Graf, Sie haben
beyde sehr schöner Zeiten genossen. Wenn ich
mir die Jahre zurückerinnere, da Sie und
Eduard das schönste Paar bey Hof waren;
weder von so glänzenden Zeiten noch von so
hervorleuchtenden Gestalten ist jetzt die Rede

ſolchen Faͤllen das Opfer der beſten Jahre
gebracht werden muͤßte.

Ja wohl, verſetzte der Graf: man muͤßte
daruͤber verzweifeln, wenn nicht uͤberhaupt in
der Welt ſo weniges eine gehoffte Folge zeig¬
te. Kinder halten nicht was ſie verſprechen;
junge Leute ſehr ſelten, und wenn ſie Wort
halten, haͤlt es ihnen die Welt nicht.

Charlotte, welche froh war, daß das Ge¬
ſpraͤch ſich wendete, verſetzte heiter: Nun!
wir muͤſſen uns ja ohnehin bald genug ge¬
woͤhnen, das Gute ſtuͤck- und theilweiſe zu
genießen.

Gewiß, verſetzte der Graf, Sie haben
beyde ſehr ſchoͤner Zeiten genoſſen. Wenn ich
mir die Jahre zuruͤckerinnere, da Sie und
Eduard das ſchoͤnſte Paar bey Hof waren;
weder von ſo glaͤnzenden Zeiten noch von ſo
hervorleuchtenden Geſtalten iſt jetzt die Rede

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0187" n="182"/>
&#x017F;olchen Fa&#x0364;llen das Opfer der be&#x017F;ten Jahre<lb/>
gebracht werden mu&#x0364;ßte.</p><lb/>
        <p>Ja wohl, ver&#x017F;etzte der Graf: man mu&#x0364;ßte<lb/>
daru&#x0364;ber verzweifeln, wenn nicht u&#x0364;berhaupt in<lb/>
der Welt &#x017F;o weniges eine gehoffte Folge zeig¬<lb/>
te. Kinder halten nicht was &#x017F;ie ver&#x017F;prechen;<lb/>
junge Leute &#x017F;ehr &#x017F;elten, und wenn &#x017F;ie Wort<lb/>
halten, ha&#x0364;lt es ihnen die Welt nicht.</p><lb/>
        <p>Charlotte, welche froh war, daß das Ge¬<lb/>
&#x017F;pra&#x0364;ch &#x017F;ich wendete, ver&#x017F;etzte heiter: Nun!<lb/>
wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en uns ja ohnehin bald genug ge¬<lb/>
wo&#x0364;hnen, das Gute &#x017F;tu&#x0364;ck- und theilwei&#x017F;e zu<lb/>
genießen.</p><lb/>
        <p>Gewiß, ver&#x017F;etzte der Graf, Sie haben<lb/>
beyde &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;ner Zeiten geno&#x017F;&#x017F;en. Wenn ich<lb/>
mir die Jahre zuru&#x0364;ckerinnere, da Sie und<lb/>
Eduard das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Paar bey Hof waren;<lb/>
weder von &#x017F;o gla&#x0364;nzenden Zeiten noch von &#x017F;o<lb/>
hervorleuchtenden Ge&#x017F;talten i&#x017F;t jetzt die Rede<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0187] ſolchen Faͤllen das Opfer der beſten Jahre gebracht werden muͤßte. Ja wohl, verſetzte der Graf: man muͤßte daruͤber verzweifeln, wenn nicht uͤberhaupt in der Welt ſo weniges eine gehoffte Folge zeig¬ te. Kinder halten nicht was ſie verſprechen; junge Leute ſehr ſelten, und wenn ſie Wort halten, haͤlt es ihnen die Welt nicht. Charlotte, welche froh war, daß das Ge¬ ſpraͤch ſich wendete, verſetzte heiter: Nun! wir muͤſſen uns ja ohnehin bald genug ge¬ woͤhnen, das Gute ſtuͤck- und theilweiſe zu genießen. Gewiß, verſetzte der Graf, Sie haben beyde ſehr ſchoͤner Zeiten genoſſen. Wenn ich mir die Jahre zuruͤckerinnere, da Sie und Eduard das ſchoͤnſte Paar bey Hof waren; weder von ſo glaͤnzenden Zeiten noch von ſo hervorleuchtenden Geſtalten iſt jetzt die Rede

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/187
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/187>, abgerufen am 23.11.2024.