fel wurde sie zu einem Spazirgang durch das Dorf eingeladen, um auch hier die neuen An¬ stalten in Augenschein zu nehmen. Dort hat¬ ten sich, auf des Hauptmanns Veranlassung, die Bewohner vor ihren Häusern versammelt; sie standen nicht in Reihen, sondern Fami¬ lienweise natürlich gruppirt, theils wie es der Abend forderte beschäftigt, theils auf neuen Bänken ausruhend. Es ward ihnen zur an¬ genehmen Pflicht gemacht, wenigstens jeden Sonntag und Festtag, diese Reinlichkeit, diese Ordnung zu erneuen.
Eine innre Geselligkeit mit Neigung, wie sie sich unter unseren Freunden erzeugt hatte, wird durch eine größere Gesellschaft immer nur unangenehm unterbrochen. Alle viere waren zufrieden sich wieder im großen Saale allein zu finden; doch ward dieses häusliche Gefühl einigermaßen gestört, indem ein Brief, der Eduarden überreicht wurde, neue Gäste auf morgen ankündigte.
11 *
fel wurde ſie zu einem Spazirgang durch das Dorf eingeladen, um auch hier die neuen An¬ ſtalten in Augenſchein zu nehmen. Dort hat¬ ten ſich, auf des Hauptmanns Veranlaſſung, die Bewohner vor ihren Haͤuſern verſammelt; ſie ſtanden nicht in Reihen, ſondern Fami¬ lienweiſe natuͤrlich gruppirt, theils wie es der Abend forderte beſchaͤftigt, theils auf neuen Baͤnken ausruhend. Es ward ihnen zur an¬ genehmen Pflicht gemacht, wenigſtens jeden Sonntag und Feſttag, dieſe Reinlichkeit, dieſe Ordnung zu erneuen.
Eine innre Geſelligkeit mit Neigung, wie ſie ſich unter unſeren Freunden erzeugt hatte, wird durch eine groͤßere Geſellſchaft immer nur unangenehm unterbrochen. Alle viere waren zufrieden ſich wieder im großen Saale allein zu finden; doch ward dieſes haͤusliche Gefuͤhl einigermaßen geſtoͤrt, indem ein Brief, der Eduarden uͤberreicht wurde, neue Gaͤſte auf morgen ankuͤndigte.
11 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0168"n="163"/>
fel wurde ſie zu einem Spazirgang durch das<lb/>
Dorf eingeladen, um auch hier die neuen An¬<lb/>ſtalten in Augenſchein zu nehmen. Dort hat¬<lb/>
ten ſich, auf des Hauptmanns Veranlaſſung,<lb/>
die Bewohner vor ihren Haͤuſern verſammelt;<lb/>ſie ſtanden nicht in Reihen, ſondern Fami¬<lb/>
lienweiſe natuͤrlich gruppirt, theils wie es der<lb/>
Abend forderte beſchaͤftigt, theils auf neuen<lb/>
Baͤnken ausruhend. Es ward ihnen zur an¬<lb/>
genehmen Pflicht gemacht, wenigſtens jeden<lb/>
Sonntag und Feſttag, dieſe Reinlichkeit, dieſe<lb/>
Ordnung zu erneuen.</p><lb/><p>Eine innre Geſelligkeit mit Neigung, wie<lb/>ſie ſich unter unſeren Freunden erzeugt hatte,<lb/>
wird durch eine groͤßere Geſellſchaft immer<lb/>
nur unangenehm unterbrochen. Alle viere<lb/>
waren zufrieden ſich wieder im großen Saale<lb/>
allein zu finden; doch ward dieſes haͤusliche<lb/>
Gefuͤhl einigermaßen geſtoͤrt, indem ein Brief,<lb/>
der Eduarden uͤberreicht wurde, neue Gaͤſte<lb/>
auf morgen ankuͤndigte.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">11 *<lb/></fw></div></body></text></TEI>
[163/0168]
fel wurde ſie zu einem Spazirgang durch das
Dorf eingeladen, um auch hier die neuen An¬
ſtalten in Augenſchein zu nehmen. Dort hat¬
ten ſich, auf des Hauptmanns Veranlaſſung,
die Bewohner vor ihren Haͤuſern verſammelt;
ſie ſtanden nicht in Reihen, ſondern Fami¬
lienweiſe natuͤrlich gruppirt, theils wie es der
Abend forderte beſchaͤftigt, theils auf neuen
Baͤnken ausruhend. Es ward ihnen zur an¬
genehmen Pflicht gemacht, wenigſtens jeden
Sonntag und Feſttag, dieſe Reinlichkeit, dieſe
Ordnung zu erneuen.
Eine innre Geſelligkeit mit Neigung, wie
ſie ſich unter unſeren Freunden erzeugt hatte,
wird durch eine groͤßere Geſellſchaft immer
nur unangenehm unterbrochen. Alle viere
waren zufrieden ſich wieder im großen Saale
allein zu finden; doch ward dieſes haͤusliche
Gefuͤhl einigermaßen geſtoͤrt, indem ein Brief,
der Eduarden uͤberreicht wurde, neue Gaͤſte
auf morgen ankuͤndigte.
11 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/168>, abgerufen am 26.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.