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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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fläschchen und andre Zierden wurden nicht ge¬
schont: nur Ottilie zauderte, bis Eduard sie
durch ein freundliches Wort aus der Betrach¬
tung aller der beygesteuerten und eingelegten
Dinge herausriß. Sie löste darauf die gold¬
ne Kette vom Halse, an der das Bild ihres
Vaters gehangen hatte, und legte sie mit lei¬
ser Hand über die anderen Kleinode hin, wor¬
auf Eduard mit einiger Hast veranstaltete,
daß der wohlgefugte Deckel sogleich aufge¬
stürzt und eingekittet wurde.

Der junge Gesell, der sich dabey am thä¬
tigsten erwiesen, nahm seine Rednermiene
wieder an und fuhr fort: wir gründen diesen
Stein für ewig, zur Sicherung des längsten
Genusses der gegenwärtigen und künftigen
Besitzer dieses Hauses. Allein indem wir hier
gleichsam einen Schatz vergraben, so denken
wir zugleich, bey dem gründlichsten aller Ge¬
schäfte, an die Vergänglichkeit der menschli¬
chen Dinge: wir denken uns eine Möglich¬

flaͤſchchen und andre Zierden wurden nicht ge¬
ſchont: nur Ottilie zauderte, bis Eduard ſie
durch ein freundliches Wort aus der Betrach¬
tung aller der beygeſteuerten und eingelegten
Dinge herausriß. Sie loͤſte darauf die gold¬
ne Kette vom Halſe, an der das Bild ihres
Vaters gehangen hatte, und legte ſie mit lei¬
ſer Hand uͤber die anderen Kleinode hin, wor¬
auf Eduard mit einiger Haſt veranſtaltete,
daß der wohlgefugte Deckel ſogleich aufge¬
ſtuͤrzt und eingekittet wurde.

Der junge Geſell, der ſich dabey am thaͤ¬
tigſten erwieſen, nahm ſeine Rednermiene
wieder an und fuhr fort: wir gruͤnden dieſen
Stein fuͤr ewig, zur Sicherung des laͤngſten
Genuſſes der gegenwaͤrtigen und kuͤnftigen
Beſitzer dieſes Hauſes. Allein indem wir hier
gleichſam einen Schatz vergraben, ſo denken
wir zugleich, bey dem gruͤndlichſten aller Ge¬
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[158/0163] flaͤſchchen und andre Zierden wurden nicht ge¬ ſchont: nur Ottilie zauderte, bis Eduard ſie durch ein freundliches Wort aus der Betrach¬ tung aller der beygeſteuerten und eingelegten Dinge herausriß. Sie loͤſte darauf die gold¬ ne Kette vom Halſe, an der das Bild ihres Vaters gehangen hatte, und legte ſie mit lei¬ ſer Hand uͤber die anderen Kleinode hin, wor¬ auf Eduard mit einiger Haſt veranſtaltete, daß der wohlgefugte Deckel ſogleich aufge¬ ſtuͤrzt und eingekittet wurde. Der junge Geſell, der ſich dabey am thaͤ¬ tigſten erwieſen, nahm ſeine Rednermiene wieder an und fuhr fort: wir gruͤnden dieſen Stein fuͤr ewig, zur Sicherung des laͤngſten Genuſſes der gegenwaͤrtigen und kuͤnftigen Beſitzer dieſes Hauſes. Allein indem wir hier gleichſam einen Schatz vergraben, ſo denken wir zugleich, bey dem gruͤndlichſten aller Ge¬ ſchaͤfte, an die Vergaͤnglichkeit der menſchli¬ chen Dinge: wir denken uns eine Moͤglich¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/163>, abgerufen am 23.11.2024.