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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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des Weges sich begegnen sollten. Zum neuen
Hause oben war auch schon der Keller mehr
gebrochen als gegraben, und ein schöner
Grundstein mit Fächern und Deckplatten zu¬
gehauen.

Die äußere Thätigkeit, diese kleinen freund¬
lichen geheimnißvollen Absichten, bey innern
mehr oder weniger zurückgedrängten Empfin¬
dungen, ließen die Unterhaltung der Gesell¬
schaft, wenn sie beysammen war, nicht lebhaft
werden, dergestalt daß Eduard, der etwas
lückenhaftes empfand, den Hauptmann eines
Abends aufrief, seine Violine hervorzunehmen
und Charlotten bey dem Clavier zu begleiten.
Der Hauptmann konnte dem allgemeinen Ver¬
langen nicht widerstehen, und so führten bey¬
de, mit Empfindung, Behagen und Freyheit,
eins der schwersten Musikstücke zusammen auf,
daß es ihnen und dem zuhörenden Paar zum
größten Vergnügen gereichte. Man versprach

des Weges ſich begegnen ſollten. Zum neuen
Hauſe oben war auch ſchon der Keller mehr
gebrochen als gegraben, und ein ſchoͤner
Grundſtein mit Faͤchern und Deckplatten zu¬
gehauen.

Die aͤußere Thaͤtigkeit, dieſe kleinen freund¬
lichen geheimnißvollen Abſichten, bey innern
mehr oder weniger zuruͤckgedraͤngten Empfin¬
dungen, ließen die Unterhaltung der Geſell¬
ſchaft, wenn ſie beyſammen war, nicht lebhaft
werden, dergeſtalt daß Eduard, der etwas
luͤckenhaftes empfand, den Hauptmann eines
Abends aufrief, ſeine Violine hervorzunehmen
und Charlotten bey dem Clavier zu begleiten.
Der Hauptmann konnte dem allgemeinen Ver¬
langen nicht widerſtehen, und ſo fuͤhrten bey¬
de, mit Empfindung, Behagen und Freyheit,
eins der ſchwerſten Muſikſtuͤcke zuſammen auf,
daß es ihnen und dem zuhoͤrenden Paar zum
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[148/0153] des Weges ſich begegnen ſollten. Zum neuen Hauſe oben war auch ſchon der Keller mehr gebrochen als gegraben, und ein ſchoͤner Grundſtein mit Faͤchern und Deckplatten zu¬ gehauen. Die aͤußere Thaͤtigkeit, dieſe kleinen freund¬ lichen geheimnißvollen Abſichten, bey innern mehr oder weniger zuruͤckgedraͤngten Empfin¬ dungen, ließen die Unterhaltung der Geſell¬ ſchaft, wenn ſie beyſammen war, nicht lebhaft werden, dergeſtalt daß Eduard, der etwas luͤckenhaftes empfand, den Hauptmann eines Abends aufrief, ſeine Violine hervorzunehmen und Charlotten bey dem Clavier zu begleiten. Der Hauptmann konnte dem allgemeinen Ver¬ langen nicht widerſtehen, und ſo fuͤhrten bey¬ de, mit Empfindung, Behagen und Freyheit, eins der ſchwerſten Muſikſtuͤcke zuſammen auf, daß es ihnen und dem zuhoͤrenden Paar zum groͤßten Vergnuͤgen gereichte. Man verſprach

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/153>, abgerufen am 24.11.2024.