wären; und Charlotte beharrte um so mehr dabey, als Ottilie gesprächiger in der frem¬ den Sprache war, indem man ihr die Uebung derselben zur Pflicht gemacht hatte. Hier sagte sie oft mehr als sie zu wollen schien. Besonders ergetzte sich Charlotte an einer zu¬ fälligen, zwar genauen aber doch liebevollen Schilderung der ganzen Pensionsanstalt. Ot¬ tilie ward ihr eine liebe Gesellschafterinn, und sie hoffte dereinst an ihr eine zuverlässige Freundinn zu finden.
Charlotte nahm indeß die älteren Papiere wieder vor, die sich auf Ottilien bezogen, um sich in Erinnerung zu bringen, was die Vor¬ steherinn, was der Gehülfe über das gute Kind geurtheilt, um es mit ihrer Persönlich¬ keit selbst zu vergleichen. Denn Charlotte war der Meynung, man könne nicht geschwind genug mit dem Character der Menschen be¬ kannt werden, mit denen man zu leben hat, um zu wissen, was sich von ihnen erwarten,
waͤren; und Charlotte beharrte um ſo mehr dabey, als Ottilie geſpraͤchiger in der frem¬ den Sprache war, indem man ihr die Uebung derſelben zur Pflicht gemacht hatte. Hier ſagte ſie oft mehr als ſie zu wollen ſchien. Beſonders ergetzte ſich Charlotte an einer zu¬ faͤlligen, zwar genauen aber doch liebevollen Schilderung der ganzen Penſionsanſtalt. Ot¬ tilie ward ihr eine liebe Geſellſchafterinn, und ſie hoffte dereinſt an ihr eine zuverlaͤſſige Freundinn zu finden.
Charlotte nahm indeß die aͤlteren Papiere wieder vor, die ſich auf Ottilien bezogen, um ſich in Erinnerung zu bringen, was die Vor¬ ſteherinn, was der Gehuͤlfe uͤber das gute Kind geurtheilt, um es mit ihrer Perſoͤnlich¬ keit ſelbſt zu vergleichen. Denn Charlotte war der Meynung, man koͤnne nicht geſchwind genug mit dem Character der Menſchen be¬ kannt werden, mit denen man zu leben hat, um zu wiſſen, was ſich von ihnen erwarten,
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waͤren; und Charlotte beharrte um ſo mehr
dabey, als Ottilie geſpraͤchiger in der frem¬
den Sprache war, indem man ihr die Uebung
derſelben zur Pflicht gemacht hatte. Hier
ſagte ſie oft mehr als ſie zu wollen ſchien.
Beſonders ergetzte ſich Charlotte an einer zu¬
faͤlligen, zwar genauen aber doch liebevollen
Schilderung der ganzen Penſionsanſtalt. Ot¬
tilie ward ihr eine liebe Geſellſchafterinn, und
ſie hoffte dereinſt an ihr eine zuverlaͤſſige
Freundinn zu finden.
Charlotte nahm indeß die aͤlteren Papiere
wieder vor, die ſich auf Ottilien bezogen, um
ſich in Erinnerung zu bringen, was die Vor¬
ſteherinn, was der Gehuͤlfe uͤber das gute
Kind geurtheilt, um es mit ihrer Perſoͤnlich¬
keit ſelbſt zu vergleichen. Denn Charlotte
war der Meynung, man koͤnne nicht geſchwind
genug mit dem Character der Menſchen be¬
kannt werden, mit denen man zu leben hat,
um zu wiſſen, was ſich von ihnen erwarten,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/112>, abgerufen am 22.11.2024.
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