Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Ein Schauspiel.
Mit offnen Händen angebothen wird;
Er strengte seine Kräfte männlich an,
Und fühlte sich von Schritt zu Schritt begnügt.
Ein armer Edelmann hat schon das Ziel
Von seinem besten Wunsch erreicht, wenn ihn
Ein edler Fürst zu seinem Hofgenossen
Erwählen will, und ihn der Dürftigkeit
Mit milder Hand entzieht. Schenkt er ihm
noch
Vertraun und Gunst, und will an seine Seite
Vor andern ihn erheben, sey's im Krieg,
Sey's in Geschäften oder im Gespräch;
So dächt' ich, könnte der bescheidne Mann
Sein Glück mit stiller Dankbarkeit verehren,
Und Tasso hat zu allem diesem noch
Das schönste Glück des Jünglings: daß ihn
schon
Sein Vaterland erkennt und auf ihn hofft.
O glaube mir, sein launisch Mißbehagen
Ruht auf dem breiten Polster seines Glücks.
Er kommt, entlaß ihn gnädig, gib ihm Zeit;
In Rom und in Neapel, wo er will,
Ein Schauſpiel.
Mit offnen Händen angebothen wird;
Er ſtrengte ſeine Kräfte männlich an,
Und fühlte ſich von Schritt zu Schritt begnügt.
Ein armer Edelmann hat ſchon das Ziel
Von ſeinem beſten Wunſch erreicht, wenn ihn
Ein edler Fürſt zu ſeinem Hofgenoſſen
Erwählen will, und ihn der Dürftigkeit
Mit milder Hand entzieht. Schenkt er ihm
noch
Vertraun und Gunſt, und will an ſeine Seite
Vor andern ihn erheben, ſey’s im Krieg,
Sey’s in Geſchäften oder im Geſpräch;
So dächt’ ich, könnte der beſcheidne Mann
Sein Glück mit ſtiller Dankbarkeit verehren,
Und Taſſo hat zu allem dieſem noch
Das ſchönſte Glück des Jünglings: daß ihn
ſchon
Sein Vaterland erkennt und auf ihn hofft.
O glaube mir, ſein launiſch Mißbehagen
Ruht auf dem breiten Polſter ſeines Glücks.
Er kommt, entlaß ihn gnädig, gib ihm Zeit;
In Rom und in Neapel, wo er will,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#ANT">
              <p><pb facs="#f0199" n="191"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schau&#x017F;piel</hi>.</fw><lb/>
Mit offnen Händen angebothen wird;<lb/>
Er &#x017F;trengte &#x017F;eine Kräfte männlich an,<lb/>
Und fühlte &#x017F;ich von Schritt zu Schritt begnügt.<lb/>
Ein armer Edelmann hat &#x017F;chon das Ziel<lb/>
Von &#x017F;einem be&#x017F;ten Wun&#x017F;ch erreicht, wenn ihn<lb/>
Ein edler Für&#x017F;t zu &#x017F;einem Hofgeno&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Erwählen will, und ihn der Dürftigkeit<lb/>
Mit milder Hand entzieht. Schenkt er ihm<lb/>
noch<lb/>
Vertraun und Gun&#x017F;t, und will an &#x017F;eine Seite<lb/>
Vor andern ihn erheben, &#x017F;ey&#x2019;s im Krieg,<lb/>
Sey&#x2019;s in Ge&#x017F;chäften oder im Ge&#x017F;präch;<lb/>
So dächt&#x2019; ich, könnte der be&#x017F;cheidne Mann<lb/>
Sein Glück mit &#x017F;tiller Dankbarkeit verehren,<lb/>
Und Ta&#x017F;&#x017F;o hat zu allem die&#x017F;em noch<lb/>
Das &#x017F;chön&#x017F;te Glück des Jünglings: daß ihn<lb/>
&#x017F;chon<lb/>
Sein Vaterland erkennt und auf ihn hofft.<lb/>
O glaube mir, &#x017F;ein launi&#x017F;ch Mißbehagen<lb/>
Ruht auf dem breiten Pol&#x017F;ter &#x017F;eines Glücks.<lb/>
Er kommt, entlaß ihn gnädig, gib ihm Zeit;<lb/>
In Rom und in Neapel, wo er will,<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0199] Ein Schauſpiel. Mit offnen Händen angebothen wird; Er ſtrengte ſeine Kräfte männlich an, Und fühlte ſich von Schritt zu Schritt begnügt. Ein armer Edelmann hat ſchon das Ziel Von ſeinem beſten Wunſch erreicht, wenn ihn Ein edler Fürſt zu ſeinem Hofgenoſſen Erwählen will, und ihn der Dürftigkeit Mit milder Hand entzieht. Schenkt er ihm noch Vertraun und Gunſt, und will an ſeine Seite Vor andern ihn erheben, ſey’s im Krieg, Sey’s in Geſchäften oder im Geſpräch; So dächt’ ich, könnte der beſcheidne Mann Sein Glück mit ſtiller Dankbarkeit verehren, Und Taſſo hat zu allem dieſem noch Das ſchönſte Glück des Jünglings: daß ihn ſchon Sein Vaterland erkennt und auf ihn hofft. O glaube mir, ſein launiſch Mißbehagen Ruht auf dem breiten Polſter ſeines Glücks. Er kommt, entlaß ihn gnädig, gib ihm Zeit; In Rom und in Neapel, wo er will,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/199
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/199>, abgerufen am 24.11.2024.