Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Antonio. Und doch verletzt er andre nur zu sehr. Kannst du es läugnen, daß im Augenblick Der Leidenschaft, die ihn behend ergreift, Er auf den Fürsten, auf die Fürstinn selbst, Auf wen es sey, zu schmähn, zu lästern wagt? Zwar augenblicklich nur, allein genug Der Augenblick kommt wieder: er beherrscht So wenig seinen Mund als seine Brust. Leonore. Ich sollte denken, wenn er sich von hier Auf eine kurze Zeit entfernte, sollt' Es wohl für ihn und andre nützlich seyn. Antonio. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Doch eben jetzt Ist nicht daran zu denken. Denn ich will Den Fehler nicht auf meine Schultern laden; Es könnte scheinen, daß ich ihn vertreibe, Und ich vertreib' ihn nicht. Um meinetwillen Kann er an unserm Hofe ruhig bleiben; Ein Schauſpiel. Antonio. Und doch verletzt er andre nur zu ſehr. Kannſt du es läugnen, daß im Augenblick Der Leidenſchaft, die ihn behend ergreift, Er auf den Fürſten, auf die Fürſtinn ſelbſt, Auf wen es ſey, zu ſchmähn, zu läſtern wagt? Zwar augenblicklich nur, allein genug Der Augenblick kommt wieder: er beherrſcht So wenig ſeinen Mund als ſeine Bruſt. Leonore. Ich ſollte denken, wenn er ſich von hier Auf eine kurze Zeit entfernte, ſollt’ Es wohl für ihn und andre nützlich ſeyn. Antonio. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Doch eben jetzt Iſt nicht daran zu denken. Denn ich will Den Fehler nicht auf meine Schultern laden; Es könnte ſcheinen, daß ich ihn vertreibe, Und ich vertreib’ ihn nicht. Um meinetwillen Kann er an unſerm Hofe ruhig bleiben; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0145" n="137"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> <sp who="#ANT"> <speaker><hi rendition="#g">Antonio</hi>.</speaker><lb/> <p>Und doch verletzt er andre nur zu ſehr.<lb/> Kannſt du es läugnen, daß im Augenblick<lb/> Der Leidenſchaft, die ihn behend ergreift,<lb/> Er auf den Fürſten, auf die Fürſtinn ſelbſt,<lb/> Auf wen es ſey, zu ſchmähn, zu läſtern wagt?<lb/> Zwar augenblicklich nur, allein genug<lb/> Der Augenblick kommt wieder: er beherrſcht<lb/> So wenig ſeinen Mund als ſeine Bruſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonore</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich ſollte denken, wenn er ſich von hier<lb/> Auf eine kurze Zeit entfernte, ſollt’<lb/> Es wohl für ihn und andre nützlich ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANT"> <speaker><hi rendition="#g">Antonio</hi>.</speaker><lb/> <p>Vielleicht, vielleicht auch nicht. Doch eben jetzt<lb/> Iſt nicht daran zu denken. Denn ich will<lb/> Den Fehler nicht auf meine Schultern laden;<lb/> Es könnte ſcheinen, daß ich ihn vertreibe,<lb/> Und ich vertreib’ ihn nicht. Um meinetwillen<lb/> Kann er an unſerm Hofe ruhig bleiben;<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0145]
Ein Schauſpiel.
Antonio.
Und doch verletzt er andre nur zu ſehr.
Kannſt du es läugnen, daß im Augenblick
Der Leidenſchaft, die ihn behend ergreift,
Er auf den Fürſten, auf die Fürſtinn ſelbſt,
Auf wen es ſey, zu ſchmähn, zu läſtern wagt?
Zwar augenblicklich nur, allein genug
Der Augenblick kommt wieder: er beherrſcht
So wenig ſeinen Mund als ſeine Bruſt.
Leonore.
Ich ſollte denken, wenn er ſich von hier
Auf eine kurze Zeit entfernte, ſollt’
Es wohl für ihn und andre nützlich ſeyn.
Antonio.
Vielleicht, vielleicht auch nicht. Doch eben jetzt
Iſt nicht daran zu denken. Denn ich will
Den Fehler nicht auf meine Schultern laden;
Es könnte ſcheinen, daß ich ihn vertreibe,
Und ich vertreib’ ihn nicht. Um meinetwillen
Kann er an unſerm Hofe ruhig bleiben;
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