Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).

Bild:
<< vorherige Seite

Klaffte gespalten der Baum fast ellenweit,
   Reinecke merkt' es,

Und sagte: mein Oheim in diesem Baume
   befindet

Sich des Honiges mehr, als ihr vermuthet,
   nun stecket

Eure Schnauze hinein, so tief ihr möget.
   Nur rath ich,

Nehmt nicht gierig zu viel, es mögt euch übel
   bekommen.

Meynt Ihr, sagte der Bär: ich sey ein Viel-
   fraß? mit nichten!

Maaß ist überall gut, bey allen Dingen, und
   also

Ließ der Bär sich bethören und steckte den
   Kopf in die Spalte

Bis an die Ohren hinein und auch die vor-
   dersten Füße.

Reinecke machte sich dran, mit vielem Ziehen
   und Zerren

Klaffte gespalten der Baum fast ellenweit,
   Reinecke merkt' es,

Und sagte: mein Oheim in diesem Baume
   befindet

Sich des Honiges mehr, als ihr vermuthet,
   nun stecket

Eure Schnauze hinein, so tief ihr moͤget.
   Nur rath ich,

Nehmt nicht gierig zu viel, es moͤgt euch uͤbel
   bekommen.

Meynt Ihr, sagte der Baͤr: ich sey ein Viel-
   fraß? mit nichten!

Maaß ist uͤberall gut, bey allen Dingen, und
   also

Ließ der Baͤr sich bethoͤren und steckte den
   Kopf in die Spalte

Bis an die Ohren hinein und auch die vor-
   dersten Fuͤße.

Reinecke machte sich dran, mit vielem Ziehen
   und Zerren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="poem">
          <lg type="poem">
            <lg n="5">
              <pb facs="#f0055" n="47"/>
              <l>Klaffte gespalten der Baum fast ellenweit,<lb/><space dim="horizontal"/>Reinecke merkt' es,</l><lb/>
              <l>Und sagte: mein Oheim in diesem Baume<lb/><space dim="horizontal"/>befindet</l><lb/>
              <l>Sich des Honiges mehr, als ihr vermuthet,<lb/><space dim="horizontal"/>nun stecket</l><lb/>
              <l>Eure Schnauze hinein, so tief ihr mo&#x0364;get.<lb/><space dim="horizontal"/>Nur rath ich,</l><lb/>
              <l>Nehmt nicht gierig zu viel, es mo&#x0364;gt euch u&#x0364;bel<lb/><space dim="horizontal"/>bekommen.</l><lb/>
              <l>Meynt Ihr, sagte der Ba&#x0364;r: ich sey ein Viel-<lb/><space dim="horizontal"/>fraß? mit nichten!</l><lb/>
              <l>Maaß ist u&#x0364;berall gut, bey allen Dingen, und<lb/><space dim="horizontal"/>also</l><lb/>
              <l>Ließ der Ba&#x0364;r sich betho&#x0364;ren und steckte den<lb/><space dim="horizontal"/>Kopf in die Spalte</l><lb/>
              <l>Bis an die Ohren hinein und auch die vor-<lb/><space dim="horizontal"/>dersten Fu&#x0364;ße.</l><lb/>
              <l>Reinecke machte sich dran, mit vielem Ziehen<lb/><space dim="horizontal"/>und Zerren</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0055] Klaffte gespalten der Baum fast ellenweit, Reinecke merkt' es, Und sagte: mein Oheim in diesem Baume befindet Sich des Honiges mehr, als ihr vermuthet, nun stecket Eure Schnauze hinein, so tief ihr moͤget. Nur rath ich, Nehmt nicht gierig zu viel, es moͤgt euch uͤbel bekommen. Meynt Ihr, sagte der Baͤr: ich sey ein Viel- fraß? mit nichten! Maaß ist uͤberall gut, bey allen Dingen, und also Ließ der Baͤr sich bethoͤren und steckte den Kopf in die Spalte Bis an die Ohren hinein und auch die vor- dersten Fuͤße. Reinecke machte sich dran, mit vielem Ziehen und Zerren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Friedrich von Fuchs, Reineke-Fuchs-Sammlung: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-09-02T14:50:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-09-02T14:50:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/55
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2), S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/55>, abgerufen am 24.11.2024.