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Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).

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Auch das Gute wissen sie zwar von großen
   und kleinen

Herren, doch schweigt man davon und selten
   kommt es zur Sprache.

Doch das schlimmste find' ich den Dünkel des
   irrigen Wahnes,

Der die Menschen ergreift: es könne jeder im
   Taumel

Seines heftigen Wollens die Welt beherrschen
   und richten.

Hielte doch jeder sein Weib und seine Kinder
   in Ordnung,

Wüßte sein trotzig Gesinde zu bändigen, könnte
   sich stille,

Wenn die Thoren verschwenden, im mäßigen
   Leben erfreuen.

Aber wie sollte die Welt sich verbessern? es
   läßt sich ein jeder

Alles zu und will mit Gewalt die andern be-
   zwingen.

Auch das Gute wissen sie zwar von großen
   und kleinen

Herren, doch schweigt man davon und selten
   kommt es zur Sprache.

Doch das schlimmste find' ich den Duͤnkel des
   irrigen Wahnes,

Der die Menschen ergreift: es koͤnne jeder im
   Taumel

Seines heftigen Wollens die Welt beherrschen
   und richten.

Hielte doch jeder sein Weib und seine Kinder
   in Ordnung,

Wuͤßte sein trotzig Gesinde zu baͤndigen, koͤnnte
   sich stille,

Wenn die Thoren verschwenden, im maͤßigen
   Leben erfreuen.

Aber wie sollte die Welt sich verbessern? es
   laͤßt sich ein jeder

Alles zu und will mit Gewalt die andern be-
   zwingen.

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[285/0293] Auch das Gute wissen sie zwar von großen und kleinen Herren, doch schweigt man davon und selten kommt es zur Sprache. Doch das schlimmste find' ich den Duͤnkel des irrigen Wahnes, Der die Menschen ergreift: es koͤnne jeder im Taumel Seines heftigen Wollens die Welt beherrschen und richten. Hielte doch jeder sein Weib und seine Kinder in Ordnung, Wuͤßte sein trotzig Gesinde zu baͤndigen, koͤnnte sich stille, Wenn die Thoren verschwenden, im maͤßigen Leben erfreuen. Aber wie sollte die Welt sich verbessern? es laͤßt sich ein jeder Alles zu und will mit Gewalt die andern be- zwingen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2), S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/293>, abgerufen am 23.11.2024.