wirthschaftet hatte. Ich hörte nicht etwa die wunderlichen Schicksale des Abentheurers, die übertriebenen Halbwahrheiten eines be¬ schränkten Reisenden, der immer nur seine Person an die Stelle des Landes setzt, wo¬ von er uns ein Bild zu geben verspricht; er erzählte nicht, er führte uns an die Orte selbst, ich habe nicht leicht ein so reines Ver¬ gnügen empfunden.
Aber unaussprechlich war meine Zufrie¬ denheit, als ich ihn eines Abends über die Frauen reden hörte. Das Gespräch machte sich ganz natürlich; einige Damen aus der Nachbarschaft hatten uns besucht und über die Bildung der Frauen die gewöhnlichen Gespräche geführt. Man sey ungerecht ge¬ gen unser Geschlecht, hieß es, die Männer wollten alle höhere Kultur für sich behalten, man wolle uns zu keinen Wissenschaften zu¬ lassen, man verlange, daß wir nur Tändel¬
wirthſchaftet hatte. Ich hörte nicht etwa die wunderlichen Schickſale des Abentheurers, die übertriebenen Halbwahrheiten eines be¬ ſchränkten Reiſenden, der immer nur ſeine Perſon an die Stelle des Landes ſetzt, wo¬ von er uns ein Bild zu geben verſpricht; er erzählte nicht, er führte uns an die Orte ſelbſt, ich habe nicht leicht ein ſo reines Ver¬ gnügen empfunden.
Aber unausſprechlich war meine Zufrie¬ denheit, als ich ihn eines Abends über die Frauen reden hörte. Das Geſpräch machte ſich ganz natürlich; einige Damen aus der Nachbarſchaft hatten uns beſucht und über die Bildung der Frauen die gewöhnlichen Geſpräche geführt. Man ſey ungerecht ge¬ gen unſer Geſchlecht, hieß es, die Männer wollten alle höhere Kultur für ſich behalten, man wolle uns zu keinen Wiſſenſchaften zu¬ laſſen, man verlange, daß wir nur Tändel¬
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wirthſchaftet hatte. Ich hörte nicht etwa die
wunderlichen Schickſale des Abentheurers,
die übertriebenen Halbwahrheiten eines be¬
ſchränkten Reiſenden, der immer nur ſeine
Perſon an die Stelle des Landes ſetzt, wo¬
von er uns ein Bild zu geben verſpricht; er
erzählte nicht, er führte uns an die Orte
ſelbſt, ich habe nicht leicht ein ſo reines Ver¬
gnügen empfunden.
Aber unausſprechlich war meine Zufrie¬
denheit, als ich ihn eines Abends über die
Frauen reden hörte. Das Geſpräch machte
ſich ganz natürlich; einige Damen aus der
Nachbarſchaft hatten uns beſucht und über
die Bildung der Frauen die gewöhnlichen
Geſpräche geführt. Man ſey ungerecht ge¬
gen unſer Geſchlecht, hieß es, die Männer
wollten alle höhere Kultur für ſich behalten,
man wolle uns zu keinen Wiſſenſchaften zu¬
laſſen, man verlange, daß wir nur Tändel¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/93>, abgerufen am 23.11.2024.
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