nichts, er strebte nur mir etwas zu entdecken, das ich leider nicht erfuhr. Sein Übel wieder¬ holte sich, er ward bald darauf ganz unthä¬ tig und unfähig; und nicht lange, so war er todt.
Ich weiß nicht, wie sich bey mir der Ge¬ danke festgesetzt hatte, daß er irgendwo ei¬ nen Schatz niedergelegt habe, den er mir nach seinem Tode lieber als meiner Mutter gönnen wollte; ich suchte schon bey seinen Lebzeiten nach, allein ich fand nichts, nach seinem Tode ward alles versiegelt. Ich schrieb meiner Mutter und bot ihr an als Verwal¬ ter im Hause zu bleiben, sie schlug es aus und ich mußte das Gut räumen. Es kam ein wechselseitiges Testament zum Vorschein, wodurch sie im Besitz und Genuß von allem, und ich, wenigstens ihre ganze Lebenszeit über, von ihr abhängig blieb. Nun glaubte ich erst recht die Winke meines Vaters zu
nichts, er ſtrebte nur mir etwas zu entdecken, das ich leider nicht erfuhr. Sein Übel wieder¬ holte ſich, er ward bald darauf ganz unthä¬ tig und unfähig; und nicht lange, ſo war er todt.
Ich weiß nicht, wie ſich bey mir der Ge¬ danke feſtgeſetzt hatte, daß er irgendwo ei¬ nen Schatz niedergelegt habe, den er mir nach ſeinem Tode lieber als meiner Mutter gönnen wollte; ich ſuchte ſchon bey ſeinen Lebzeiten nach, allein ich fand nichts, nach ſeinem Tode ward alles verſiegelt. Ich ſchrieb meiner Mutter und bot ihr an als Verwal¬ ter im Hauſe zu bleiben, ſie ſchlug es aus und ich mußte das Gut räumen. Es kam ein wechſelſeitiges Teſtament zum Vorſchein, wodurch ſie im Beſitz und Genuß von allem, und ich, wenigſtens ihre ganze Lebenszeit über, von ihr abhängig blieb. Nun glaubte ich erſt recht die Winke meines Vaters zu
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0089"n="85"/>
nichts, er ſtrebte nur mir etwas zu entdecken,<lb/>
das ich leider nicht erfuhr. Sein Übel wieder¬<lb/>
holte ſich, er ward bald darauf ganz unthä¬<lb/>
tig und unfähig; und nicht lange, ſo war er<lb/>
todt.</p><lb/><p>Ich weiß nicht, wie ſich bey mir der Ge¬<lb/>
danke feſtgeſetzt hatte, daß er irgendwo ei¬<lb/>
nen Schatz niedergelegt habe, den er mir<lb/>
nach ſeinem Tode lieber als meiner Mutter<lb/>
gönnen wollte; ich ſuchte ſchon bey ſeinen<lb/>
Lebzeiten nach, allein ich fand nichts, nach<lb/>ſeinem Tode ward alles verſiegelt. Ich ſchrieb<lb/>
meiner Mutter und bot ihr an als Verwal¬<lb/>
ter im Hauſe zu bleiben, ſie ſchlug es aus<lb/>
und ich mußte das Gut räumen. Es kam<lb/>
ein wechſelſeitiges Teſtament zum Vorſchein,<lb/>
wodurch ſie im Beſitz und Genuß von allem,<lb/>
und ich, wenigſtens ihre ganze Lebenszeit<lb/>
über, von ihr abhängig blieb. Nun glaubte<lb/>
ich erſt recht die Winke meines Vaters zu<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[85/0089]
nichts, er ſtrebte nur mir etwas zu entdecken,
das ich leider nicht erfuhr. Sein Übel wieder¬
holte ſich, er ward bald darauf ganz unthä¬
tig und unfähig; und nicht lange, ſo war er
todt.
Ich weiß nicht, wie ſich bey mir der Ge¬
danke feſtgeſetzt hatte, daß er irgendwo ei¬
nen Schatz niedergelegt habe, den er mir
nach ſeinem Tode lieber als meiner Mutter
gönnen wollte; ich ſuchte ſchon bey ſeinen
Lebzeiten nach, allein ich fand nichts, nach
ſeinem Tode ward alles verſiegelt. Ich ſchrieb
meiner Mutter und bot ihr an als Verwal¬
ter im Hauſe zu bleiben, ſie ſchlug es aus
und ich mußte das Gut räumen. Es kam
ein wechſelſeitiges Teſtament zum Vorſchein,
wodurch ſie im Beſitz und Genuß von allem,
und ich, wenigſtens ihre ganze Lebenszeit
über, von ihr abhängig blieb. Nun glaubte
ich erſt recht die Winke meines Vaters zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/89>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.